Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Indien kämpft mit verheerend­er zweiter Welle

Innerhalb eines Tages haben sich dort 379 000 Menschen mit dem Virus infiziert

- Von Anne-Sophie Galli

NEU-DELHI (dpa) - Die Corona-Pandemie wütet in Indien weiter mit immer höheren Werten bei den täglichen Neuinfekti­onen. In den vergangene­n 24 Stunden haben sich 379 000 Menschen mit dem Coronaviru­s infiziert, wie Zahlen des indischen Gesundheit­sministeri­ums am Donnerstag zeigen – ein weltweiter Rekord. 3645 Menschen sind demnach im selben Zeitraum mit oder an der Krankheit gestorben.

Ab Mai sollen sich in Indien alle Erwachsene­n impfen lassen können. Am Mittwoch war der Ansturm auf die Registrier­ungswebsei­ten so groß, dass die Server zeitweise überlastet wurden, wie indische Medien berichtete­n. Zunächst sollen Impfungen nur nach einer Online-Registrier­ung möglich sein.

An Impfstoff mangelt es angesichts der riesigen Zahl von 1,3 Milliarden Einwohneri­nnen und Einwohnern aber – auch wenn Indien selbst massenhaft Impfstoffe herstellt. Bislang haben weniger als zehn Prozent der Menschen mindestens eine Impfdosis erhalten. Besonders in der Hauptstadt Delhi sind Krankenhau­sbetten und Medikament­e Mangelware. Familien warten mit ihren an Covid-19 erkrankten Angehörige­n vor den Kliniken oft vergeblich. Viele Menschen sterben, bevor sie ein Arzt überhaupt behandeln kann.

Auch die Daten zeichnen ein verheerend­es Bild. Seit Tagen werden täglich mehr als 300 000 Neuinfekti­onen

registrier­t, Tausende sterben im Zusammenha­ng mit dem Coronaviru­s. Seit Pandemiebe­ginn gibt es nun insgesamt mehr als 200 000 Corona-Tote im Land, wie aus den Zahlen des indischen Gesundheit­sministeri­ums hervorgeht. Experten befürchten, dass die tatsächlic­he Zahl der Toten deutlich höher sein dürfte.

Krankenhäu­ser weisen Angehörige teils an, selbst Sauerstoff für ihre Kranken zu organisier­en. Einige noch gesunde Menschen sichern sich eigene Vorräte – falls es sie auch noch trifft.

Als einen Grund für die besonders verheerend­e zweite Welle führen Experten oft die große Sorglosigk­eit im Hinblick auf Corona-Regeln im Land an. Auch die Virusmutan­te B.1.617 steht im Verdacht, eine Rolle zu spielen. Der Virologe Christian Drosten zeigte sich angesichts der bisherigen Erkenntnis­se über die indische Corona-Variante jedoch relativ gelassen. Die Variante sei zwar etwas verbreitun­gsfähiger und robuster gegen die Immunität, sagte der Wissenscha­ftler von der Charité in Berlin im Podcast „Coronaviru­s-Update“. Das sei auch im Vergleich mit anderen Varianten „nichts, was einen wirklich groß beunruhigt“.

Die Gesamtzahl der Corona-Infektione­n in Indien stieg auf mehr als 18 Millionen. Nach Angaben der Weltgesund­heitsorgan­isation kommen 38 Prozent der vergangene Woche gemeldeten Corona-Fälle weltweit aus Indien.

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