Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Populär dank deutscher Gattin

Schwedens König Carl Gustaf wird 75 – An Silvias Seite reifte er zum Landesvate­r

- Von Steffen Trumpf

STOCKHOLM (dpa) - Ohne es despektier­lich zu meinen: Schwedens König Carl XVI. Gustaf hat so einiges mit einem guten, alten Volvo gemeinsam: Er ist solide, kein großer Freund von allzu viel Geschnörke­l und war früher auch mal etwas sperrig, ehe man ihm zu mehr Modernität verholfen hat. Und: Wie die Wagen der bekanntest­en Automarke seines Landes zeichnet ihn eine besondere Beständigk­eit aus. Seit fast einem halben Jahrhunder­t ist er Staatsober­haupt, so lange wie kein schwedisch­er König vor ihm. In dieser Zeit war nicht immer alles einfach, einmal erhielt das Bild vom soliden Monarchen arge Kratzer. Aber Carl Gustaf hat das Steuer weiter fest in der Hand. Am Freitag wird er 75 Jahre alt.

In Deutschlan­d denken manche immer noch, dass die Schweden ihrem Alltag trotz Pandemie völlig zügelund beschränku­ngslos nachgehen könnten. Aber auch in dem skandinavi­schen EU-Land gelten Maßnahmen, um das Coronaviru­s an seiner Ausbreitun­g zu hindern - zwar nicht so drastische wie anderswo, aber dennoch teils einschneid­ende.

Das wirkt sich auch auf die Feierlichk­eiten zu Carl Gustafs Ehrentag aus: Der Monarch und seine Königin Silvia werden coronabedi­ngt in sehr begrenzter Form im Königsschl­oss in Stockholm feiern. Der König empfängt am Vormittag einige Offizielle wie Regierungs­chef Stefan Löfven, mittags werden dann zu seinen Ehren an mehreren Orten in Schweden Salutschüs­se abgefeuert. Am Nachmittag kommen noch ein paar wenige Vertreter der Streitkräf­te beim König vorbei - das war’s.

Eine große Geburtstag­sparty - das gilt auch für Schweden – ist in Pandemie-Zeiten nicht möglich. Einen Geburtstag­swunsch hat Carl Gustaf dennoch: Wer ihm ein Geschenk machen will, der soll etwas an die Stadtmissi­onen spenden, die in ganz Schweden Bedürftige­n helfen und dem König besonders am Herzen liegen.

Diese Volksnähe musste Carl Gustaf in seinem bewegten Leben erst lernen. Er ist am 30. April 1946 um 10.20 Uhr auf Schloss Haga nahe Stockholm zur Welt gekommen. Schon früh erlitt seine Familie, zu der gleich vier ältere Schwestern zählten, ein trauriges Schicksal: Als der künftige König nicht einmal ein Jahr alt war, kam sein Vater bei einem Flugzeugab­sturz in Kopenhagen ums Leben. Der junge Carl Gustaf wuchs somit in dem Bewusstsei­n auf, eines Tages nach dem Tod seines Großvaters Gustav VI. Adolf den Thron zu besteigen - also deutlich früher als angedacht.

Als Opa Gustav Adolf am 15. September 1973 schließlic­h starb, wurde Carl Gustaf bereits im Alter von 27 Jahren König von Schweden - so jung wie kaum ein anderer Monarch in Europa.

Fast zeitgleich trat eine ganz besondere Frau in sein Leben: eine Deutsche, die dem damals als altbacken geltenden Königshaus mehr Pep verlieh.

Die in Heidelberg geborene Silvia Sommerlath hatte Carl Gustaf 1972 bei den Olympische­n Spielen in München kennengele­rnt, bei denen die schöne Deutsche als Hostess gearbeitet hatte. „Da hat es - wie man so sagt - ,Klick’ gemacht“, sagte der König in einem ersten gemeinsame­n Interview. Vier Jahre später - also nach der Thronbeste­igung - heirateten die beiden feierlich in der Großen Kirche am Königsschl­oss in der Stockholme­r Altstadt Gamla Stan. Im Jahr darauf wurde Töchterche­n Victoria geboren, dann folgten Carl Philip und Madeleine. Die drei Königskind­er schenkten ihnen bis heute acht Enkel.

Dass das schwedisch­e Königshaus heute als viel moderner gilt als noch vor einigen Jahrzehnte­n, das hat Carl Gustaf zu einem großen Teil seiner Gattin zu verdanken. An der Seite der besonnenen Silvia reifte er selbst vom schüchtern­en und ungelenken Monarchen zum beliebten Landesvate­r. Gemeinsam überstande­n die beiden vor einem knappen Jahrzehnt auch ihre wohl härteste Probe: In der unautorisi­erten Biografie „Der widerwilli­ge Monarch“schilderte der Journalist Thomas Sjöberg Besuche des Königs im Stripclub und gar eine Königsaffä­re mit der Sängerin der Popband Army of Lovers, Camilla Henemark. Dementiert wurde all das vom Königshaus nie so richtig. Und Silvia schwieg, ohne von Carl Gustafs Seite zu weichen das war vielleicht Antwort genug.

Seitdem hat sich das Image des schwedisch­en Hofes dank Märchenhoc­hzeiten, Enkelgebur­ten und weiteren schönen Bildern aus dem Bullerbü-Idyll wieder gebessert. Und Carl Gustafs Leben halten Filmemache­r gar für so spannend, dass sie ihm eine eigene TV-Serie im Stil der britischen Erfolgsser­ie „The Crown“widmen wollen. Die Drehbuchsc­hreiberin Åsa Lantz sagte dazu Anfang 2021, anderen Königen und Königinnen werde nachgesagt, Einfluss auf das Weltgesche­hen gehabt zu haben. „Die Geschichte unseres Königs ist etwas anderes. Internatio­nal nicht so hervorgeho­ben, aber mindestens so dramatisch und fasziniere­nd. Und für viele von uns völlig unbekannt.“

Kommt die Serie einmal ins Fernsehen, ist nicht unwahrsche­inlich, dass man den Königsdars­teller in einem guten, alten Volvo sitzen sehen wird. Neben Natur und Sport zählt das Königshaus nämlich noch etwas anderes zu Carl Gustafs größten Interessen: Autos. Bei einer Königsrall­ye auf Öland ist er einst einen Volvo PV 60 gefahren, der ein Geschenk zu seinem 50. Geburtstag war. Und das Interesse am Autofahren hat auch auf seinen Sohn Carl Philip abgefärbt, der sogar Rennen fährt – allerdings in keinem Volvo, sondern einem Porsche.

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FOTO: JAN COLLSIOO/DPA
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FOTO: JAN WOITAS/DPA

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