Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Schade, dass einzelne Menschen das Gefühl dafür verloren haben“
Zur Berichterstattung über den geplanten Kalkabbau im Donautal (SZ vom 23. April) hat die Redaktion folgender Leserbrief erreicht.
3,6 Prozent der jährlichen Bedarfsmenge an hochreinem Kalk versus massivem Umwelteingriff im Natura 2000-Gebiet „Oberes Donautal“. Diese Frage spaltet die Gemüter. Einerseits Herr zu Fürstenberg, auf der anderen Seite die hier wohnende Bevölkerung. Und die lebt nicht erhaben auf hohem Felsen, sondern im Tal, dann ausgesetzt dem Staub und Lärm des Steinbruchs. Oder im Verlauf der L 277, der wildromantischen Donautalstraße, geprägt durch Felstunnel und Engstellen. Eine touristisch reizvolle Straße, gänzlich ungeeignet aber für einen mit dem Abtransport verbundenen Schwerlastverkehr. Bisher ist der Tourismus im Bereich „Oberes Donautal“ein noch zartes Pflänzchen. Die Pandemie zeigt uns gerade sehr eindrücklich, welche Bedeutung heute die zur Erholung geeigneten Gebiete innerhalb unserer Landesgrenzen für die Menschen haben. Und machen wir uns doch nicht’s vor: Auch wenn das akute Pandemie-Ereignis überwunden sein wird – ein nicht unerheblicher Teil der Fernreisen wird in der bisher gelebten Form einfach nicht mehr stattfinden.
Das Obere Donautal mit seinem großartigen Potential als Urlaubsund Erholungsgebiet dem Kalkabbau zu opfern ist auf der Basis eines gesunden Menschenverstandes nicht nachvollziehbar! Den großflächigen Grundbesitz der Fürstenhäuser sehe ich auch mit einer Verantwortung gegenüber Mensch und Natur verbunden und nicht nur als Medium zur Erzielung wirtschaftlicher Gewinne.Ein Juwel wie das Obere Donautal massiv zu stören und in Teilen zu zerstören mag zwar innerhalb des gesetzlichen Handlungsrahmens möglich sein. Gegenüber den Menschen und unserem schon viel zu sehr geschundenen Lebensraum ist ein solches Tun nicht legitim. Meine Großmutter, ein noch später 1800er-Jahrgang, hätte gesagt: „Des g´hert sich id“(Für die Nichtschwaben unter uns: Eine solche Verhaltensweise ist ungehörig). Schade, dass einzelne Menschen das Gefühl dafür verloren haben.
Michael Hildebrandt, Laiz