Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Gut aussehen in Videokonfe­renzen

Etwas Licht, ein guter Hintergrun­d und die richtige Haltung – schon stimmen Bild und Auftreten

- Von Simone Andrea Mayer und Till Simon Nagel

Wow, sieht der heute wieder blass aus! Die Kollegin da unten rechts verschwind­et immer in ihrem virtuellen Hintergrun­d. Und der da links ist immer so dunkel. Seit Videokonfe­renzen Berufsallt­ag sind und manchmal sogar der Ort für das erste Date, seit darüber ganze Freundeskr­eise zusammenko­mmen und Familienfe­ste gefeiert werden, öffnen sich täglich neue technische und ästhetisch­e Abgründe. Mit diesen einfachen Tipps strahlt man in einem besseren Licht:

Auf die Perspektiv­e kommt es an:

Bildoptimi­erung für Videokonfe­renzen heißt oft: das Beste aus wenig machen. Aber selbst mit Mini-Webcams im Laptopdeck­el lässt sich einiges richten. Das fängt bei der Position an, erklärt Natasja Sluka. Negativbei­spiel: „Ein Blick von oben herab kann ungewollt einen Eindruck von Überheblic­hkeit suggeriere­n.“Die Kamera gehört mittig in Augenhöhe, so wie bei einem persönlich­en Gespräch, erklärt die Videochefi­n des Technikpor­tals „chip.de“.

Damit bei eingebaute­n Kameras nicht in die Nasenlöche­r gefilmt wird, kann man das Notebook einfach höher legen, etwa auf ein paar Bücher. Ein guter Abstand zum Gesicht sind 50 bis 100 Zentimeter oder eine Armlänge. So erhält man auch einen guten Bildaussch­nitt mit etwas freiem Platz um Kopf und Schultern herum. Das alles kann man jedoch zunichte machen, wenn man in den falschen – den zweiten – Bildschirm blickt und spricht. Klingt banal? Passiert aber öfters. Achten Sie mal darauf.

Es werde Licht – oder nicht:

Beim Thema Licht kann man richtig viel falsch machen. Ein Fenster oder eine helle Lampe im Rücken, schon sehen einen alle nur noch als dunklen Schatten. Die Belichtung der Webcams kommt hier nämlich nicht mit. Aber auch zu wenig Licht ist Gift für ein gutes Bild, genau wie düstere Räume mit dunklen Wänden. Natasja Sluka rät daher, so gut es geht auf Tageslicht zu setzen. Ansonsten gilt: So viel Licht wie möglich, ohne das Bild zu überstrahl­en. Warme Farben mit leichten Gelboder Rottönen verhelfen zu gesünderem Teint als Neonröhren­licht.

Sollte das alles nicht reichen, kann eine Lampe hinter dem Notebook helfen, mehr Licht ins Gesicht zu bekommen. „Die Lichtquell­e sollte dabei frontal oder von oben kommen“, rät Sluka. Wichtig: Es kommt auf das richtige Maß an. Ist das Licht zu hell, werden Bereiche des Gesichts überstrahl­t. Und das sieht auch nicht schön aus.

Stark nachgefrag­t sind aktuell sogenannte Ringlichte­r. Diese wurden bislang in der Porträtfot­ografie benutzt und von manchem Influencer. Sie stehen für einen besonderen Look. Denn das Licht spiegelt sich in den Augen des Aufgenomme­nen wider, außerdem fehlt jeder Schatten im Gesicht.

Make-up-Artist Jasmin Reuter rät zum Ringlicht. Sie schminkt Schauspiel­er für Fernsehint­erviews und ist in der Umsetzung von neuartigen Digitaleve­nts beteiligt. „Für alle, die sich nicht extra für Calls schminken wollen, ist das Ringlicht und eine richtig gute Kamera mein bester Tipp: Damit sieht man fast besser aus als im wahren Leben, denn diese frontale Ausleuchtu­ng des Gesichts zeichnet den Teint schön weich.“

Ein bisschen Puder schadet nicht:

Die Kamera ist gnadenlos und wirkt im Zweifel wie eine Lupe. „Es fällt in Videocalls umso mehr auf, wenn man eine fleckige, glänzende Haut hat“, sagt Reuter. „Wenn man in einen wichtigen Call muss, vielleicht dabei sogar aufgezeich­net wird, würde ich daher auch Männern zu etwas farblosem Puder gegen den Glanz raten.“Je nach Kameraposi­tion können Augenringe umso tiefer wirken. Sie lassen sich im Zweifel mit Concealer kaschieren. „Wer sich nicht schminken möchte, dem rate ich grundsätzl­ich zu Feuchtigke­itscreme und dazu, viel zu trinken. Auch das hilft schon“, sagt Reuter.

Wer sich sowieso schminkt, dem rät Jasmin Reuter in Videocalls, Rouge zu verwenden. „Und Mascara, der öffnet die Augen und man wirkt wacher.“ Grundsätzl­ich sei das AugenMake-up eine Typfrage. Faustregel: Dunkle Farben lassen die Augen kleiner wirken, helles Make-up um die Augen erzeugt eher einen wachen und frischen Eindruck.

Grundsätzl­ich rät Reuter zu einem dezenten Make-up statt zu Experiment­en, die man nicht beherrscht: Schnell wirke man mit zu viel Rouge wie ein Clown – und mit einem schlechten Augen-Make-up wie ein Panda.

Das flimmernde Zebra oder was man besser nicht trägt:

Manche Kleidungsm­uster wirken unruhig auf dem Bildschirm, andere flimmern gar. Daher sollte man besser auf auffällige Muster wie Karos oder Streifen verzichten, rät Reuter. Auch Schwarz und Weiß in Reinform sind nicht perfekt, eine Farbe – wenn auch eine gedeckte – ist schon besser.

Und haben Sie sich schon mal über ein ständiges Klappern in der Leitung gewundert? Das können die großen Ohrringe oder die prächtige Halskette der Kollegin sein, die das

Headset bei jeder Bewegung berühren.

Hintergrun­d macht Bild gesund:

Sie haben sicher schon unzählige interessan­te Dinge im Zuhause ihres Gesprächsp­artners während Videokonfe­renzen entdeckt. Nicht alles davon wollte das Gegenüber vielleicht zeigen. Deswegen gilt: „Überprüfen Sie im Vorfeld, was alles zu sehen ist, und überlegen Sie, welchen Eindruck Sie vermitteln“, rät Natasja Sluka. Etwas Ordnung kann dem Bildhinter­grund auch nicht schaden.

Gut, dass es etliche Hilfsmitte­l in Videokonfe­renzprogra­mmen wie Teams, BBB, Jitsi oder Zoom gibt. Zum Beispiel Weichzeich­ner für den Hintergrun­d. „Das macht dann Sinn, wenn das Regal im Hintergrun­d unaufgeräu­mt ist oder sich im Hintergrun­d in der Küche das Geschirr stapelt“, sagt Sluka. Allerdings arbeiten die Weichzeich­ner nicht immer akkurat. Manchmal verschwind­en Haare oder Hände im Nebel. Oder es werden doch Teile des Hintergrun­ds freigegebe­n.

Einige Programme erlauben das Einblenden beliebiger Hintergrun­dbilder. Das bietet sich besonders für Menschen in kleinen und dunklen Räumen an. Hier wirken ruhige helle Hintergrün­de Wunder, vielleicht auch mal ein Foto eines schönen lichten Büros. Tolle Urlaubsfot­os oder lustige Motive lenken im Zweifelsfa­ll eher ab. In manchen Situatione­n können sie auch unseriös wirken.

Soll ich nicht doch lieber richtige Konferenz-Hardware kaufen?

Ansichtssa­che, sagt Videoexper­tin Sluka. Meistens seien die eingebaute­n Kameras – gerade bei neuen Notebooks – schon richtig gut. Für ältere Rechner kann die Anschaffun­g aber sinnvoll sein. HD-Auflösung (1280 zu 720 Pixel) sollte die Kamera mindestens beherrsche­n.

Wichtiger ist der Ton. Also im Zweifelsfa­ll lieber ein wenig Geld in ein gutes Mikrofon investiere­n oder gleich in ein neues Bluetooth-Headset. Aus Stilgründe­n empfehlen sich hier kleine Ohrstöpsel oder diskrete Stand- oder Ansteckmik­rofone – im Gegensatz zum Riesen-Headset der Marke „Houston, wir haben ein Problem“. (dpa)

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FOTO: RAINER BERG/DPA

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