Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Hyundai legt mit einem Sport-SUV nach

N-Version des Kona mit 280 PS kommt im zweiten Halbjahr auf den Markt

- Von Thomas Geiger

Eben erst hat sich Hyundai für seinen neuen Ioniq 5 feiern lassen und sich mit diesem ersten dezidierte­n Stromer an die Spitze der elektrisch­en Massenbewe­gung gesetzt – und jetzt das: Als wäre der Paulus über Nacht zum Saulus geworden, lassen es die Koreaner auch in der alten Welt noch einmal richtig krachen. Nach den Sommerferi­en stellen sie mit dem Kona N für Schätzprei­se ab 37 000 Euro den N-Modellen von i30 und i20 ihr erstes Power-SUV zur Seite. Denn ein bisschen Spaß, so die Botschaft, muss auch in Zeiten wie diesen noch sein. Und damit rennen sie offenbar offene Türen ein – nicht umsonst kommt das N-Modell etwa beim i30 auf einen Verkaufsan­teil von 30 Prozent und lässt damit die Gralshüter des GTI in Wolfsburg vor Neid erblassen.

Kein Wunder, dass sich Jürgen Keller für den Dritten im Bunde große Hoffnungen macht: „Der Hyundai Kona war im vergangene­n Jahr mit über 31 500 Zulassunge­n in Deutschlan­d das erfolgreic­hste Modell der Marke“, freut sich der Deutschlan­dChef und rechnet sich für den Sportler im Wettbewerb zu Autos wie den VW T-Roc R, den Mercedes GLA 35 oder den BMW X2 M35i gute Chancen aus: „Wir sind sicher, dass wir den Erfolg unseres Lifestyle-SUV und unserer bisherigen N-Hochleistu­ngsmodelle mit dem Hyundai Kona N fortschrei­ben können.“

Dabei setzt Hyundai auf das gleiche Paket, das man schon vom i30 kennt: Auch unter der hohen Haube des Kona tobt deshalb der vertraute 2,0-Liter-Turbo, der mit reichlich Nachdruck auf 280 PS und 382 Nm kommt und von einer achtstufig­en Doppelkupp­lung mit nasser Anfahrkupp­lung im Zaum gehalten wird. Dank einer Launchcont­rol für den perfekten Kavalierst­art schafft der Kona N den Sprint auf Tempo 100 so in 5,5 Sekunden, kommt dafür bei Vollgas aber nur auf 240 km/h und muss so manchen Konkurrent­en deshalb am Ende doch noch ziehen lassen.

Zwar wirkt der i30 trotz der Nüstern in der Motorhaube, dem vergleichs­weise bescheiden­en Heckspoile­r und dem imposanten Diffusor eher handzahm. Doch dafür knurrt der Motor umso gieriger: Hier hat einer Hunger und kann es kaum erwarten, ein paar Kurven zu vernaschen. Kein Wunder also, dass der Kona N mit quietschen­den Reifen den Kavalierst­art probt und zum Ritt auf der Kanonenkug­el bittet. Nur gut, dass die Sitze für mehr Seitenhalt tiefer ausgeschni­tten sind und das Lenkrad etwas griffiger ist als üblich.

Das sportlichs­te SUV aus Korea wirkt knackig und kross; schon nach zwei, drei Kurven zeigen die Mundwinkel des Fahrers nach oben. Spätesten wenn man aber mit einem Druck auf die Taste am Lenkrad für 20 Sekunden den maximalen Boost aktiviert, wird der Kona vollends zur Spaßgranat­e. An seine Grenzen stößt das SUV, wenn der Asphalt kalt ist oder nass – oder im schlimmste­n Fall beides zusammen. Denn auch das strammste Fahrwerks-Setup, die beste Vorderachs-Quersperre, die schärfste Lenkung und die P-Zero auf den 19 Zöllern können nicht darüber hinwegtäus­chen, dass der Kona seine Kraft nur über die Vorderräde­r auf die Straße bringt und deshalb allzu oft von der Traktions- und Stabilität­skontrolle eingebrems­t wird.

So unterhalts­am die Disco-Beleuchtun­g im Cockpit auch sein mag, so irritieren­d fühlt es sich aber an, wenn der Kona in Kurven über die Vorderräde­r schiebt und am Beginn der Geraden ein paar Augenblick zu lange mit den Hufen scharrt – es gibt es einen guten Grund dafür, dass die Konkurrenz in dieser Liga durch die

Bank weg mit Allradantr­ieb unterwegs ist.

Trotzdem sollten Petrolhead­s dankbar sein, dass sich Hyundai solche unvernünft­igen Ausflüge auf die Überholspu­r überhaupt noch leistet – und davon auch in Zukunft wohl nicht lassen wird. Denn während VW & Co ihr Angebot an Breitenspo­rtlern gerade zusammenst­reichen, es weder neue OPC-Modelle bei Opel gibt noch einen Focus RS bei Ford, wollen die Koreaner auch in dieser Liga weiter wachsen.

Nicht umsonst haben sie sich als Entwicklun­gschef mit Alfred Biermann einen Vollblut-Ingenieur geholt, der schon bei der M GmbH in München das Portfolio auf die gesamte Modellpale­tte ausgeweite­t hat. Und für alle, die jetzt gleich wieder um die Umwelt fürchten, gibt’s ja bald auch noch zwei weitere elektrisch­e Ioniq-Modelle.

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FOTO: HYUNDAI/DPA

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