Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Maßgeschneidert für den Urlaub mit Behinderung
Der querschnittsgelähmte Rolf Eberhard sucht nach einem passenden Wohnmobil und bekommt es in der Region
BAD SAULGAU/ILLMENSEE - Seit fast 30 Jahren ist Rolf Eberhard nach einem Motorradunfall vom Brustbereich abwärts querschnittsgelähmt. Der 51-Jährige liebt es zu reisen. Ein Freund und dessen Partner erfüllten ihm nun einen Traum: Ein individuell konstruiertes Wohnmobil, speziell abgestimmt auf seine Einschränkungen.
Von außen sieht das neue Fahrzeug von Rolf Eberhard aus wie ein ganz normaler Mercedes Sprinter in Metallic-Lackierung. Doch in dem Fahrzeug steckt mehr als von außen erkennbar ist. Der Sprinter wurde bei der Firma Vemus in Illmensee zu einem Wohnmobil umgebaut. Damit will Rolf Eberhard mit seinen Kindern im Altern von zwölf und Zwillingen mit elf Jahre bald in den Urlaub starten, ohne sich in Hotels nach der für ihn passenden Einrichtung speziell bei den Sanitäranlagen erkundigen zu müssen.
Rolf Eberhard aus Waldhausen bei Altheim (nähe Riedlingen) hatte 1992 einen Unfall mit dem Motorrad. Ein Auto hatte einen Lastwagen überholt, er fuhr mit dem Motorrad in der Gegenrichtung. Seither ist der 51-Jährige vom oberen Brustbereich abwärts querschnittsgelähmt. Auch die Arme sind zum Teil betroffen. Abgehalten vom Reisen hat ihn diese Behinderung nicht. 1994 besuchte er die USA, 2000 war er vier Wochen in Kanada, mehrere Kreuzfahrten und eine Reise auf die Kanareninsel Teneriffa zählt er auf. „Das Problem sind oft die Sanitäranlagen in den Hotels“, sagt er beim Vor-Ort-Termin.
Die Anschaffung eines Wohnmobils ist für ihn ein lang gehegter. Eberhard erzählt von einem umgebauten VW-Bus seiner Freundin, mit dem sie drei Wochen vor seinem Unfall nach Murnau am Staffelsee in Bayern gefahren war. Doch einfach war es nicht, diesen Wunsch nach dem Unfall zu verwirklichen. „Bei meiner Behinderung gibt es auf dem Markt nichts Passendes“, so der 51Jährige. Er hat sich genau über entsprechende Serienproduktionen informiert. Sogar auf der CMT in Stuttgart schaute er sich nach Passendem um. Ohne Erfolg. Er könne sich im Auto nicht so oft aus den Sitzen drehen, brauche Entlastung für bestimmte Körperteile wie den Po und müsse sich trotzdem im Auto von einer Stelle zur anderen fortbewegen können. Er wandte sich an die Familie Köberle in Bondorf bei Bad Saulgau, mit der ihn eine Freundschaft verbindet. Michael Köberle hat zusammen mit Bruno Zimmermann aus Fleischwangen das Unternehmen
Vemus aufgebaut. Mit rund 20 Mitarbeitern hat sich das Unternehmen auf die Produktion von Spezialfahrzeugen spezialisiert, vom Verkaufswagen bis zum Toilettenwagen. Das Geschäft brummt, die Hallen im Gewerbegebiet in Illmensee stehen voll mit Fahrzeugen.
Die beiden Geschäftsführer setzten sich mit Rolf Eberhard zusammen und bauten ein Wohnmobil nach seinen individuellen Wünschen. Ein Rollstuhllift bringt den Rollstuhl an die Schiebetür des Sprinters, die Toilette ist ausfahrbar, das Waschbecken lässt sich herausziehen, damit Rolf Eberhard mit seinem Rollstuhl unter das Becken fahren kann. Der Clou im Wohnmobil aber ist ein Lifter, mit dem sich Rolf Eberhard im Wohnmobil fortbewegen kann, ohne sich unnötig viel hin und her drehen zu müssen. Das von Rolf Eberhard gewählte Assistenzmodell bei der Betreuung stellt sicher, dass auch im Urlaub eine Begleitperson dabei ist.
Auch das Bett ist entgegen den üblichen Maßen in einem Wohnmobil üppig breit. „Das brauche ich, um die Lage verändern zu können“, erklärt Eberhard. Auf eine Duschkabine wird im Auto gänzlich verzichtet, die wäre zu eng. Stattdessen gibt es die Duscheinrichtung im hinteren Teil des Wohnmobils für die Dusche im Sommer im Freien. Hinzu kommen Photovoltaik-Elemente für die Versorgung, Trinkwasser und Abwassertank und auch genügend Stauraum, der exakt für das Handfahrrad von Rolf Eberhard ausgelegt ist. Billig ist dieses Fahrzeug allerdings nicht. „20 000 Euro kosten allein die notwendigen behindertengerechten Einrichtungen“, so Eberhard. Das Interesse an dem Spezialfahrzeug scheint trotz des Preises von 129 000 Euro groß zu sein. Um das Interesse zu testen und Werbung für das Fahrzeug zu machen, hat Eberhard es auf einer Internet-Plattform angeboten. In den ersten drei Monaten wurden bereits über 11 000 Klicks registriert.