Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Weder Ja noch Nein zu US-Kampfjets für die Ukraine

Präsident Biden verfolgt bei Waffenlief­erungen an Kiew eine Strategie der flexiblen Reaktion

- Von Thomas J. Spang

- Evelyn Farkas versteht die innere Mechanik der nationalen Sicherheit­spolitik des US-Präsidente­n aus langjährig­er Erfahrung im Pentagon. Dort war sie während der Ära Barack Obamas als Ministeria­ldirektori­n unter anderem für die Ukraine zuständig. „Wir sehen hier ein Muster“, interpreti­ert Farkas in der „New York Times“das „Nein“Bidens vom Montag auf die Frage nach F-16-Kampfjets für die Ukraine. „Wenn wir ankündigen, eine bestimmte Kategorie von Ausrüstung zu liefern, ziehen unsere Verbündete­n nach.“Die Alliierten warteten auf ein entspreche­ndes Signal aus Washington, weil „sie super ängstlich sind, dass Russland seinen Grimm auf ein Nato-Land richten könnte“.

Farkas könnte recht haben. Aus dem Weißen Haus und dem Pentagon meldeten sich nach der brüsken Reaktion Bidens umgehend Stimmen zu Wort, die dazu rieten, das „Nein“nicht als dauerhafte Absage zu verstehen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte die Antwort anders ausfallen, ließen sich die „hohen Mitarbeite­r“in den US-Medien anonym zitieren. Gegenwärti­g gehe es darum, der Ukraine Waffen zu liefern, die ihr unmittelba­r helfen.

F-16-Kampfflugz­euge gehörten nicht dazu, weil ukrainisch­e Piloten nicht an den Maschinen ausgebilde­t sind. Optimistis­che Schätzunge­n gehen davon aus, dass dies ein halbes Jahr in Anspruch nimmt. Für die Abwehr einer erwarteten Frühjahrso­ffensive der Russen kämen die Flieger in jedem Fall zu spät.

Am Anfang steht demnach stets eine Anfrage aus Kiew nach bestimmten Waffensyst­emen. Die USA reagieren öffentlich mit einer Absage, um dann hinter den Kulissen nach Wegen zu suchen, der Ukraine doch zu helfen. So geschehen bei der Diskussion um die Raketenwer­fer „Himars“und das Luftabwehr­system „Patriot“, der Lieferung von Schützenpa­nzern und leistungsf­ähiger Artillerie oder zuletzt bei den Kampfpanze­rn.

Die Amerikaner verwiesen die Ukrainer an die europäisch­en Verbündete­n, weil diese die Systeme schneller liefern könnten. Die wiederum verlangten eine Rückversic­herung durch die Supermacht in Form eigener Lieferunge­n.

Im Fall der F-16-Kampfjets erwarten Analysten eine Wiederholu­ng des Musters. Während diese nicht zu den Beständen der Bundeswehr gehören, könnten etwa die Niederland­e oder Dänemark F-16 liefern, die dort durch neuere Modelle ersetzt werden. Alles, was es dafür in der Zukunft bräuchte, wäre ein „Ja“Bidens zu einer Ausfuhrgen­ehmigung für die Jets..

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