Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die „Traube“ist ihr Lebenswerk
Ewald und Eva Erath feiern das Fest der diamantenen Hochzeit
(pegme) - Er ist Gastwirt aus Leidenschaft, bisweilen ein „harter Knochen“. Sie steht ihm zur Seite, in allem, was er tut. Seit über 40 Jahren prägen sie das Gasthaus „Traube“in der Sigmaringer Innenstadt und auch heute ist noch nicht wirklich Schluss. Aber sie treten kürzer, die Ruhe und die eigenen vier Wände können mittlerweile auch gefallen. Am vergangenen Mittwoch nun haben Ewald und Eva Erath ihre diamantene Hochzeit gefeiert und dabei ganz gemütlich auf 60 gemeinsame Jahre zurückgeblickt.
Eraths sitzen an ihrem Jubeltag im kleinen Erker ihrer Küche. Auf dem Tisch stehen eine folienummantelte
Orchidee und Kaffee. Eine große Feier steht nicht an, am Wochenende erst recht nicht, denn da ist das Haus voll mit Narren. Wer aber glaubt, die Jubilare seien närrisch, der irrt. „Das hat uns nie interessiert“, sagen sie. Und mit dem Haus meinen sie nicht ihr Haus, sondern ihr Gasthaus „Traube“.
Es ist zum Narrentreffen ausgebucht, alle 54 Betten sind belegt. Ein gutes Geschäft in einer sonst nicht so guten Zeit. Ewald Erath hat die Gaststätte im vergangenen Jahr nach über 40 Jahren schließen müssen, mangels Personals. Der Hotelbetrieb läuft jedoch weiter, ihre zwei Töchter, von Anfang an dabei, sind in die Fußstapfen der Eltern getreten.
Ewald Erath, geboren in Hausen am Andelsbach, war Zeit seines Lebens in der Gastronomie unterwegs. Als gelernter Metzger wurde er bereits beim Wehrdienst in die Küche „einberufen“, sehr zu seiner Freude. Kurz zuvor hatte er in Pfullingen seine Frau Eva kennengelernt. Am 1. Februar 1963 wurde geheiratet, Mitte der 1960er-Jahre zog es die Jungvermählten nach Sigmaringendorf. Ewald Erath arbeitete kurze Zeit in der Metzgerei Schlude in Sigmaringen, bevor er das Angebot bekam, die Gaststätte „Alter Fritz“zu pachten. Fünfeinhalb Jahre wohnte und arbeitete dort die junge Familie, zu der mittlerweile auch zwei Töchter gehörten. Dann übernahmen Eraths die Kantine der Kaserne in Neuhausen ob Eck, später kam noch ein Tanzlokal in Gottmadingen hinzu.
So viel zur Vorgeschichte. Am 1. August 1980 unterzeichneten Eraths den Pachtvertrag für ihr „Lebenswerk“, das Gasthaus „Traube“, zweieinhalb Jahre später dann den Kaufvertrag. Obwohl diese „Verhandlungen“über vier Jahrzehnte zurückliegen, erinnert sich Ewald Erath bis ins kleinste Detail. Schnell kristallisiert sich beim Erzählen heraus, dass er damals für sein Gegenüber ein „ziemlich harter Knochen“gewesen sein muss. „Ja, das war ich, über ein Jahr lang“, sagt er lachend, denn so lange hat er „verhandelt“- am Ende zu seinen Gunsten, versteht sich. Später hat er sich wegen eines Zebrastreifens sogar mit dem Bürgermeister angelegt und einen geforderten Sichtschutz ließ er Jahr für Jahr von unten her etwas kürzen, „damit es nach oben hin nicht auffällt“. Auch an einen Raubüberfall im Jahr 1988 erinnert er sich. „Der hat seine Jacke aufgemacht und mir seine Pistole entgegengestreckt“, sagt Ewald Erath. Für 420 Mark Ausbeute wurde dieser drei Tage später gefasst und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.
Eraths Herz schlägt noch immer für ihr Gasthaus. „Wir brauchen das Arbeiten dort“, sagt Eva Erath und ihr Mann schiebt hinterher: „Die Traube war mein Leben“. Aber mit 78 beziehungsweise 81 Jahren suchen beide nicht mehr so die Geselligkeit. „Wir hatten immer viele Leute um uns, jetzt können wir auch die Ruhe genießen.“