Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kirchen müssen Heizkosten sparen
In Neufra und Habsthal finden Gottesdienste vorerst nicht mehr in der Kirche statt
(mast) - Einige Kirchen im Dekanat SigmaringenMeßkirch verlegen ihre Gottesdienste künftig in nahegelegene Pfarrheime oder sonstige kleinere Räumlichkeiten, um Heizkosten zu sparen. So beispielsweise auch in Neufra bei Gammertingen.
„Die Pfarrkirche in Neufra ist im Moment eiskalt und sie bräuchte drei Tage Aufheizzeit, damit sie am Sonntag 10 Grad hätte“, sagt Matthias Kopp, Pastoralreferent der katholischen Kirchengemeinde Gammertingen-Trochtelfingen auf Nachfrage. Deshalb habe der Pfarrgemeinderat entschieden, die Gottesdienste in Neufra zumindest im Februar ins warme Pfarrheim zu verlegen. „Der hohe Energieaufwand und die hohen Kosten sind derzeit nicht zu verantworten“, so Kopp. Die ersten Christen hätten sich bereits in Privathäusern versammelt und nicht in Kirchen.
Beim Gottesdienst gehe es schließlich nicht um das Gebäude, sondern um den Inhalt der Feier. An Weihnachten und an Dreikönig sei es von den Temperaturen noch relativ mild gewesen. Zudem seien die Kirchen zu dieser Zeit auch gut gefüllt gewesen. „Jetzt ist gerade eine ,saure Gurken Zeit’, in der in kleinen Gemeinden nicht mehr so viele Personen die Kirche besuchen“, so Kopp. Zudem sei es recht kalt geworden. Es gebe die Empfehlung von oberster
Instanz, energiebewusst beim Beheizen der Kirchen zu agieren. „In Gammertingen und Trochtelfingen sind die Heizungen moderner, dort kann die Kirche in wenigen Stunden vor dem Gottesdienst aufgeheizt werden“, so Kopp.
In Neufra sei dies nicht der Fall. „Ich sehe es auch als moralische Pflicht, klimafreundlicher zu handeln“, sagt er. „Wir laden deshalb alle Menschen guten Willens ein, diese Entscheidung des Sparens und des Klimaschutzes in der Neufraer Pfarrkirche mitzutragen. Wer nicht auf ein Kirchengebäude verzichten kann, ist herzlich eingeladen, die Pfarrkirche in Gammertingen zu besuchen“, sagt er.
Welche Gottesdienste verlegt werden, dürfe jede Pfarrgemeinde für sich entscheiden. Aber auch das Kloster Habsthal verlegt seine Gottesdienste nun ins Oratorium, um die Heizkosten der Kirche zu sparen. Hintergrund sei auch, dass das Kloster nicht der Diözese angehöre und deshalb schlicht kein Geld habe, um die Kirche in den Wintermonaten mit den gestiegenen Heizkosten weiter zu heizen, so Schwester Kornelia auf Nachfrage. Und häufig würden die Kosten für Organistin, Hostien, Blumenschmuck, Kerzen und weiteres unterschätzt.
Bei der Evangelischen Kirchengemeinde Sigmaringen ist es dagegen ebenfalls gemischt: Die Sigmaringer
Kreuzkirche habe eine recht moderne Fußbodenheizung, sodass die Gottesdienste dort auch weiterhin stattfinden, so Pfarrer Matthias Ströhle. „Allerdings haben wir die Temperatur auch etwas heruntergefahren“, so Ströhle. In der Stadtkirche würde es stattdessen ebenfalls anders gehandhabt.
„Dort verlegen wir den Gottesdienst ebenfalls in das Gemeindehaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite“, so Ströhle. „Ich nehme es als sehr positiv wahr, da es einen eher familiäreren Charakter hat“, so Ströhle. „Zudem habe ich das Gefühl, dass die Menschen eher miteinander ins Gespräch kommen nach dem Gottesdienst.“Wer allerdings die Atmosphäre der Kirche genießen möchte, könne sich unabhängig davon in die geöffneten Kirchen setzen.
„Bei uns gab es keine negativen Reaktionen“, so Ströhle. Die Gottesdienstbesucher seien froh, wenn sie es warm hätten. Was die katholischen Gottesdienstbesucher allerdings zu dieser Neuerung sagen werden, sei noch ungewiss, so Kopp. „Das werde ich am Samstagabend erfahren, wenn die ersten Besucher ins Pfarrheim neben der Kirche kommen werden.“Letztendlich gehe es ihm aber hauptsächlich darum, die moralische Pflicht deutlich zu machen und sich nicht rechtfertigen zu müssen.