Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Plötzlich Frühling
Im Grünen ist’s noch gar nicht grün, das Gras steht ungekämmt im Wald, als sei es tausend Jahre alt. Hier also, denkt man, sollen bald die Glockenblumen blühn? So beginnt ein Gedicht Erich Kästners. Und spaziert man im März durch einen lichten Laubwald, fragt man sich wirklich wie das gehen soll mit dem Blühen, denn der Waldboden ist noch dicht mit einer Schicht brauner, grau-silbern schimmernder Blätter bedeckt. Und doch sind sie plötzlich da: Die zarten Buschwindröschen, die gelben Schlüsselblumen, die ersten Veilchen. Und dann dauert‘s auch nicht mehr lang und ein zarter Knoblauchduft durchzieht den Wald. Bärlauch! Amsel, Drossel, Fink und Star tauchen wieder auf, hin und wieder sogar ein Storch, erste Schmetterlinge tanzen in der Sonne und linde Lüfte streicheln die Haut. Die kleinen Buben holen ihre Fußbälle raus, die kleinen Mädchen die Puppenwägen, und überall werden Fahrräder startklar gemacht. Frühlingja du bist’s! Und es kann in den ersten sonnigen Tagen durchaus vorkommen, dass Mann mit halb zugeknöpftem Hemd ungläubig vorm Spiegel steht. Letzten Sommer passte dieses Hemd perfekt. Es muss im Winter eingegangen sein! Frau dagegen steht sinnend vorm vollen Kleiderschrank, um betrübt festzustellen, dass sie ‚eigentlich‘ nichts anzuziehen hat. All das gehört zum Frühling. Halt, eins noch, beinahe hätte ich es vergessen: Die Frühjahrsmüdigkeit!
Ein Nachtrag zur Tannauer Forsthütte: Wer weiß, vielleicht klappt es doch mal mit dem Waldcafe. Es haben sich nämlich weitere fleißige Kuchenbäckerinnen gemeldet.