Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Gott spricht meine Sprache“
Pfarrerin Heike Bosien referiert über die Reformation in Ghana
(sar) - Die Stuttgarter Theologin Heike Bosien hat am Freitagabend im evangelischen Gemeindehaus in Meckenbeuren im Rahmen von „Frauenstärken“referiert. Ihr Vortrag „Martin Luther in Ghana? – wie die Reformation über den Teich sprang“bot einen internationalen Blick auf die Reformation.
Bosien blickt im Jubiläumsjahr der Reformation nicht nur auf die Persönlichkeit Martin Luther. Er sei ein Teil dessen, was man Reformation nenne. Bosien geht es in ihrem Vortrag vor allem auch um Menschen, die im 19. Jahrhundert mit Missionsgesellschaften in die Welt aufbrachen und mit ihrem Handeln die Reformation in alle Erdteile verteilten: „Weltweit gibt es so viele Menschen, die die Reformation unserer Kirche angestoßen haben“, erklärt Bosien, Prälaturpfarrerin und Geschäftsführerin des Dienstes für Mission, Ökumene und Entwicklung. In Afrika sei vor allem die Basler Mission seit 1828 sehr aktiv gewesen und habe in Akropong, Ghana, die erste Missionskirche Afrikas gegründet.
Missionar Johannes Zimmermann sorgte im 19. Jahrhundert für die erste Bibelübersetzung in afrikanischer Sprache. Allein in Ghana gibt es aber über 70 gesprochene Sprachen. 2015 wurde die Bibel in die afrikanische Sprache Kasim übersetzt. Mit der Bibelübersetzung in Kasim wurde für den ghanaischen Pfarrer Roger Wegurih klar: „Gott spricht meine Sprache.“Die Übersetzung sei essentiell für ein optimales Verständnis der Bibel. Den Vers „Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben“ aus dem Johannesevangelium konnten die Afrikaner in einer englischen Bibel beispielsweise gar nicht verstehen. Sie wissen nicht, was Wein ist und können mit dieser Metapher von Jesus folglich nichts anfangen. In Kasim steht in Johannes 15,5 „Ich bin die Kokono“, eine beliebte Frucht in Ghana. Neben Zimmermann waren auch Andreas Riis und „Ramseyer“wichtige Persönlichkeiten in der Reformationsgeschichte Ghanas.
Zu Beginn der Missionsarbeit in Ghana hatte die Basler Mission wenig Erfolg. Ein Einheimischer gab ihnen den entscheidenden Tipp: „Wir hören nicht auf euch Hellhäutige.“Daraufhin arbeiteten die Missionare mit „Herrenhutern“aus Jamaica zusammen, was sehr förderlich für die Reformation war. Mit der Reformation kamen auch Fortschritte im Bildungswesen sowie in der Architektur nach Ghana. So wurden zum Beispiel Schulen und Friedhöfe erbaut, was dort vorher nicht existierte. Die Architektur wurde dahingehend angepasst, Malaria fernzuhalten und die Überlebenschancen zu verbessern. Heute sehen die Afrikaner es als ihre Aufgabe an, europäische Christen zu missionieren. „Sie verstehen sich als Sprachrohr, um kundzutun, was das Christentum heute braucht“, erklärt Heike Bosien. So seien afrikanische Christen beispielsweise der Meinung, dass der Glaube in Europa viel zu wenig Raum einnehme. Bosien erlebt die Zusammenarbeit mit afrikanischen Kollegen als Bereicherung, da durch gegenseitiges Lernen ganz neue Entdeckungen möglich sind.