Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bürgermeisterwahl: Eriskircher bleiben unter sich
Die drei Bewerber, die alle in der Gemeinde leben, stellen sich vor – Ein Schwerpunktthema: Ausbau der Kinderbetreuung
- Bezahlbarer Wohnraum, Kinderbetreuung, Landwirtschaft: Das sind die drei großen Themen bei der Kandidatenvorstellung der Gemeinde vergangene Woche gewesen. Mehr als 450 Besucher hörten, was die drei Kandidaten für die Bürgermeisterwahl am 9. April dazu und über sich zu sagen haben. Vielleicht die Überraschung des Abends: Bewerber Mirko Meinel, der frei redete, Stimme und Gestik einzusetzen wusste und eindeutig den lebendigsten Vortrag des Abends ablieferte.
Die „Schwäbische Zeitung“fasst zusammen, wie sich Arman Aigner, Mirko Meinel und Thilo Reiss geschlagen haben und welche Erkenntnisse die Veranstaltung in der proppenvollen Wilhelm-Schussen-Halle in Schlatt zuließ.
Die Qualifikation:
Alle drei Kandidaten leben in Eriskirch und sind rein formal betrachtet keine „gelernten Bürgermeister“, soll heißen: Sie haben weder an einer Hochschule für öffentliche Verwaltung studiert noch in einer Gemeinde das Hauptamt geleitet, wie zum Beispiel der amtierende Rathauschef Markus Spieth, der nach 24 Jahren im Amt nicht mehr antritt. Als Bürgermeister wären die drei Kandidaten – Mirko Meinel, Arman Aigner und Thilo Reiss – Quereinsteiger.
Warum sie ihrer Ansicht nach trotzdem geeignet sind, die Geschicke der Gemeinde zu lenken, dafür hat jeder Kandidat seine eigenen Argumente.
Der Soziologe Mirko Meinel versicherte, er wisse genau, wie Verwaltung funktioniere. Er habe bereits als Jugendbeauftragter in der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen gearbeitet und stehe seit 2016 als Integrationsbeauftragter des Gemeindeverwaltungsverbandes Eriskirch-Kressbronn-Langenargen in engem Kontakt mit den drei Bürgermeistern und den Verwaltungen der Gemeinden. „Ich organisiere, strukturiere, analysiere“, betonte der 34-Jährige und fügte hinzu: „Und weil ich genau das kann, bewerbe ich mich.“
Arman Aigner führte seine Führungsund Standorterfahrung an, die er in 21 Jahren Polizeidienst unter anderem beim Landeskriminalamt in Stuttgart gesammelt habe. Der Diplom-Verwaltungswirt Polizei leitet den Wasserschutzpolizeiposten Langenargen und erklärte, er arbeite mit Behörden und Rathäusern zusammen, habe ein funktionierendes Netzwerk und Menschenkenntnis zu bieten und bringe die fachlichen Voraussetzungen mit. „Ich bin der Richtige für Eriskirch“, ist der 45-Jährige überzeugt.
Dass er seit 18 Jahren im Eriskircher Gemeinderat sitzt, seit 2009 als Fraktionsvorsitzender der CDU, unterstrich Thilo Reiss. Der 41-Jährige erläuterte: „Ich habe die Diskussionen und Beschlüsse immer im Sinne aller Bürger begleitet.“Das Wissen, das er sich dabei erarbeitet habe, mache ihn unabhängig. Ihm sei klar, wie die Verwaltung ticke, „und sie tickt gut“. Dazu komme sein berufliches Handwerkszeug, das er als Bankbetriebswirt habe: „Die Politik und Eriskirch sind meine Berufung, die Finanzen sind mein Beruf.“ Die Themen: Alle drei Kandidaten ● haben sich – sei’s bei Hausbesuchen oder in Bürgergesprächen – offenbar erarbeitet, was die Eriskircher beschäftigt. Und weil die Gemeinde bei der Veranstaltung keine Fragen aus dem Publikum zuließ, waren sie bei der Themenauswahl auf sich gestellt. Mirko Meinel, der ursprünglich aus Gera stammt und seit 2014 mit seiner Frau und mittlerweile zwei Kindern in Mariabrunn wohnt, erklärte unter anderem Bürgermeister Spieth, dass er mit dessen Arbeit insgesamt sehr zufrieden sei, bis auf einen Punkt: Eine Kleinkindgruppe müsste derzeit in einer Einrichtung in Langenargen untergebracht werden, und 2018 könnten zwölf Kinder nicht in der Gemeinde betreut werden. Das Ziel müsse sein, die Kinderbetreuung bedarfsgerecht auszubauen. Nur ein weiteres Thema, das er ansprach: das Landschaftsschutzgebiet „Tettnanger Wald“, „das nicht auf Kosten der Landwirte ausgebaut werden darf“.
Seit 2009 lebt Arman Aigner, der in Konstanz aufgewachsen ist, mit seiner Frau und inzwischen drei Kindern in Schlatt. Über die Kinderbetreuung, die Landwirtschaft bis hin zu Tourismus und Finanzen trug er noch mehr als sein Vorredner zur Themenvielfalt bei. In der Aufzählung an erster Stelle: die städtebauliche Gemeindeentwicklung, bei der es „hauptsächlich um den Grad der Verdichtung und die Architektur“gehe. Die Gemeinde müsse die Entwicklung dahingehend steuern, dass der dörflich-ländliche Charakter grundsätzlich erhalten bleibe und an geeigneten Stellen eine maßvolle Verdichtung erfolge.
Von einer moderaten innerörtlichen Verdichtung und dem Schließen von Baulücken sprach unter anderem auch Thilo Reiss, der in Eriskirch wohnt und aufgewachsen ist. Zudem solle bei der Vergabe von gemeindeeigenen Grundstücken nach einer Bewertungsmatrix vorgegangen werden, wie es bereits in Gmünd der Fall gewesen sei, wo vorrangig junge Eriskircher zum Zuge gekommen seien. Was die Finanzen angehe, deckten sich die Wünsche nicht immer mit den Möglichkeiten: „Dabei ist für mich das Gemeinwohl Maßstab aller Dinge.“
Das Fazit:
Wie Bürgermeister Markus Spieth betonte, sollte die Vorstellung der Kandidaten unter gleichen Bedingungen und kurz nacheinander einen direkten Vergleich ermöglichen. Das dürfte geklappt haben, das Publikum sollte auf der Favoritensuche einen Schritt weiter sein.