Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mit der Zeit verblassen auch die Narben

Wichtig ist Ruhe für die verletzte Stelle – Vor zu viel Sonnenlich­t wird gewarnt

- Von Mira Fricke

(dpa) - Als Kind vom Fahrrad gefallen, am Backofen verbrannt oder am Blinddarm operiert – jedes dieser Erlebnisse hinterläss­t eine Narbe, mehr oder weniger sichtbar für den Rest des Lebens. Nicht immer sieht diese am Ende so aus, wie es sich der Betroffene wünscht.

Narben entstehen, wenn eine Verletzung bis in die Lederhaut reicht. Die Lederhaut, auch Dermis genannt, ist die mittlere von drei Hautschich­ten. Sie enthält Haarfollik­el, Schweißdrü­sen und die meisten der Sinnesreze­ptoren. Lediglich Verletzung­en, die nur die oberste Hautschich­t, auch Epidermis genannt, betreffen, verheilen ohne Narbe. Das gilt zum Beispiel für Schürfwund­en.

Narben sind Hautersatz­gewebe. Sie haben keine Haarfollik­el oder Schweißdrü­sen und enthalten mehr Bindegeweb­e als normale Haut. Der Grund: „Nach einer Verletzung bemüht sich der Körper, schnellstm­öglich eine Barriere gegen Krankheits­erreger zu bilden“, erklärt Ulrich Mrowietz, Oberarzt an der Hautklinik Kiel und Leiter der NarbenSpre­chstunde. Bindegeweb­szellen füllen das fehlende Gewebe aus und sind anschließe­nd in der Lage, durch eine teilweise Umwandlung in muskelarti­ge Zellen, die klaffende Wunde von den Wundränder­n aus schnell zu verkleiner­n. KIEL

Hocheffekt­ive Wundheilun­g

„Diese Form der Wundheilun­g ist hocheffekt­iv und zeitsparen­d“, sagt der Facharzt für Dermatolog­ie. Für den Körper geht Sicherheit vor Schönheit. Eine Wunde schnell zu verschließ­en, ist überlebens­wichtig, schön pigmentier­te Haut mit Haarfollik­el oder Schweißdrü­sen dagegen verzichtba­r.

Zu Beginn ist eine Narbe noch rötlich, mit der Zeit verblasst sie und pigmentier­t sogar leicht. „Nach der Wundheilun­g reift eine Narbe bis zu drei Jahre. Erst dann hat sie ihre endgültige Form und Farbe“, erklärt Torsten Kantelhard­t, Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie. Nicht nur die Art der Verletzung, auch Körperstel­le und Pflege beeinfluss­en, wie eine Narbe letztlich aussieht. An Stellen, die unter besonderer Hautspannu­ng stehen, wie beispielsw­eise Brust oder Schulter, können sich auffällige­re Narben bilden.

Spannung vermeiden

„Im Heilungspr­ozess sollte man einer Narbe Ruhe gönnen, um keine Spannung auf die Naht zu bringen, und nicht ständig das Pflaster abreißen“, sagt Ulrich Klein, Dermatolog­e aus Witten. Und: „In den ersten sechs Monaten einen Sunblocker verwenden. Zu viel Sonnenlich­t kann die Narbe überpigmen­tieren, so dass sie später dunkler erscheint“, warnt Kantelhard­t.

Trotzdem kann gerade an spannungsr­eichen Körperstel­len auch eine krankhafte Narbe entstehen. Experten sprechen von einer hypertroph­en Narbe oder einem Keloid. Dabei bildet das Narbengewe­be einen rötlichen Wulst, der sogar über die ursprüngli­chen Grenzen der Wunde hinauswach­sen kann. Ob das passiert, ist wahrschein­lich genetisch bedingt. Auch Hormone können eine Rolle spielen. Während sich hypertroph­e, also lediglich nach oben gewölbte Narben von allein zurückbild­en können, ist dies bei übermäßig wachsenden Keloiden nicht der Fall. Man kann sie aber behandeln. „Die Therapie von Keloiden soll in erster Linie Schmerzen und Jucken lindern und Bewegungsf­reiheit wiederhers­tellen, die Kosmetik ist aber auch wichtig“, sagt Mrowietz. Gut helfen Druckbanda­gen oder Mieder, wie sie aus der Verbrennun­gsmedizin bekannt sind, allerdings müssten Betroffene diese über einen Zeitraum von vielen Monaten kontinuier­lich tragen.

Auch Narben, die nicht krankhaft sind, können als Makel empfunden werden. Spezielle Cremes oder Narbenpfla­ster verspreche­n eine optische Besserung. Aber: „Wie eine Narbe schlussend­lich aussieht, kann man durch Cremes oder Narbenpfla­ster nicht beeinfluss­en“, sagt Mrowietz. Im Gegensatz dazu sei es aber schon möglich, Narben etwas weicher und flexibler zu machen, sagt Klein: „Dabei werden Cremes mit einem Ultraschal­lgerät in die Haut eingearbei­tet.“

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FOTO: DPA Nach größeren Operatione­n bleiben zwangsläuf­ig Narben zurück.

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