Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mit der Zeit verblassen auch die Narben
Wichtig ist Ruhe für die verletzte Stelle – Vor zu viel Sonnenlicht wird gewarnt
(dpa) - Als Kind vom Fahrrad gefallen, am Backofen verbrannt oder am Blinddarm operiert – jedes dieser Erlebnisse hinterlässt eine Narbe, mehr oder weniger sichtbar für den Rest des Lebens. Nicht immer sieht diese am Ende so aus, wie es sich der Betroffene wünscht.
Narben entstehen, wenn eine Verletzung bis in die Lederhaut reicht. Die Lederhaut, auch Dermis genannt, ist die mittlere von drei Hautschichten. Sie enthält Haarfollikel, Schweißdrüsen und die meisten der Sinnesrezeptoren. Lediglich Verletzungen, die nur die oberste Hautschicht, auch Epidermis genannt, betreffen, verheilen ohne Narbe. Das gilt zum Beispiel für Schürfwunden.
Narben sind Hautersatzgewebe. Sie haben keine Haarfollikel oder Schweißdrüsen und enthalten mehr Bindegewebe als normale Haut. Der Grund: „Nach einer Verletzung bemüht sich der Körper, schnellstmöglich eine Barriere gegen Krankheitserreger zu bilden“, erklärt Ulrich Mrowietz, Oberarzt an der Hautklinik Kiel und Leiter der NarbenSprechstunde. Bindegewebszellen füllen das fehlende Gewebe aus und sind anschließend in der Lage, durch eine teilweise Umwandlung in muskelartige Zellen, die klaffende Wunde von den Wundrändern aus schnell zu verkleinern. KIEL
Hocheffektive Wundheilung
„Diese Form der Wundheilung ist hocheffektiv und zeitsparend“, sagt der Facharzt für Dermatologie. Für den Körper geht Sicherheit vor Schönheit. Eine Wunde schnell zu verschließen, ist überlebenswichtig, schön pigmentierte Haut mit Haarfollikel oder Schweißdrüsen dagegen verzichtbar.
Zu Beginn ist eine Narbe noch rötlich, mit der Zeit verblasst sie und pigmentiert sogar leicht. „Nach der Wundheilung reift eine Narbe bis zu drei Jahre. Erst dann hat sie ihre endgültige Form und Farbe“, erklärt Torsten Kantelhardt, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie. Nicht nur die Art der Verletzung, auch Körperstelle und Pflege beeinflussen, wie eine Narbe letztlich aussieht. An Stellen, die unter besonderer Hautspannung stehen, wie beispielsweise Brust oder Schulter, können sich auffälligere Narben bilden.
Spannung vermeiden
„Im Heilungsprozess sollte man einer Narbe Ruhe gönnen, um keine Spannung auf die Naht zu bringen, und nicht ständig das Pflaster abreißen“, sagt Ulrich Klein, Dermatologe aus Witten. Und: „In den ersten sechs Monaten einen Sunblocker verwenden. Zu viel Sonnenlicht kann die Narbe überpigmentieren, so dass sie später dunkler erscheint“, warnt Kantelhardt.
Trotzdem kann gerade an spannungsreichen Körperstellen auch eine krankhafte Narbe entstehen. Experten sprechen von einer hypertrophen Narbe oder einem Keloid. Dabei bildet das Narbengewebe einen rötlichen Wulst, der sogar über die ursprünglichen Grenzen der Wunde hinauswachsen kann. Ob das passiert, ist wahrscheinlich genetisch bedingt. Auch Hormone können eine Rolle spielen. Während sich hypertrophe, also lediglich nach oben gewölbte Narben von allein zurückbilden können, ist dies bei übermäßig wachsenden Keloiden nicht der Fall. Man kann sie aber behandeln. „Die Therapie von Keloiden soll in erster Linie Schmerzen und Jucken lindern und Bewegungsfreiheit wiederherstellen, die Kosmetik ist aber auch wichtig“, sagt Mrowietz. Gut helfen Druckbandagen oder Mieder, wie sie aus der Verbrennungsmedizin bekannt sind, allerdings müssten Betroffene diese über einen Zeitraum von vielen Monaten kontinuierlich tragen.
Auch Narben, die nicht krankhaft sind, können als Makel empfunden werden. Spezielle Cremes oder Narbenpflaster versprechen eine optische Besserung. Aber: „Wie eine Narbe schlussendlich aussieht, kann man durch Cremes oder Narbenpflaster nicht beeinflussen“, sagt Mrowietz. Im Gegensatz dazu sei es aber schon möglich, Narben etwas weicher und flexibler zu machen, sagt Klein: „Dabei werden Cremes mit einem Ultraschallgerät in die Haut eingearbeitet.“