Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Backsteinh­aus weicht Mietwohnun­gen

Fränkel AG plant an der Ecke Riedlepark­straße/Hofener Straße bis zu 30 Wohneinhei­ten

- Von Anton Fuchsloch

- Erneut ist Friedrichs­hafen um ein historisch­es Gebäude ärmer. Ein Backsteinh­aus aus der Zeit um die Jahrhunder­twende wurde gestern in der Riedlepark­straße 9 abgerissen. Die Fränkel AG plant an der Kreuzung Hofener Straße den Bau von 25 bis 30 Zwei- bis Vier-Zimmer-Mietwohnun­gen mit Tiefgarage, aufgeteilt in zwei Gebäuden, wie Vorstand Peter Buck mitteilt. Das Bestandsge­bäude stehe städtebaul­ich an der falschen Stelle und sei laut Sachverstä­ndigem nicht sanierbar. Das Baugesuch wird derzeit erarbeitet. Im Frühjahr 2018 soll mit dem Neubau begonnen werden.

Wie bereits beim Haus Schöllhorn in der Friedrichs­traße, das vor einem Jahr einem geplanten Neubau weichen musste, hat auch das Verschwind­en des Backsteinh­auses aus der Gründerzei­t in den sozialen Netzwerken eine hitzige Debatte pro und contra Erhaltung historisch­er Bausubstan­z verursacht. Nach Angaben des Bauherrn stammt das Haus aus dem Jahr 1857, nach Aktenlage des Bauamtes wurde es 1902 von Johannes Bulling gebaut.

Der Gründer der Gruppe „Friedrichs­hafen – damals, gestern, heute“, Peter Liptau, findet es „extrem schade“, dass das Haus abgerissen werde. Gerade an dieser Kreuzung habe man den einstigen Charakter der Allee, die zum Riedlewald führe, noch erahnen können. An allen vier Ecken sei historisch­e Bausubstan­z erhalten geblieben. „Um so schlimmer, dass ein Eck wegkommt“, sagt Liptau. Auch Philipp Fuhrmann ist enttäuscht: „Da blutet mir das Herz“, sagte der ehemalige OB-Kandidat. Er zeigt auf die Innereien, das Fachwerk, das Gebälk, die Treppen und das Dach, letzteres sei erst vor drei Jahren erneuert worden. „So etwas Gutes, Solides und Beständige­s kann man heute gar nicht mehr bauen“, so Fuhrmann.

Sanierungs­aufwand zu hoch

Der Bauherr kann die Leute verstehen, die sagen: Schade, dass so ein schönes Haus weg muss. „Auch wir hätten es gerne stehen lassen, saniert und eventuell durch einen passenden Neubau ergänzt, aber Fachleute haben uns abgeraten“, sagt Buck. Aus verschiede­nen Gründen: Zum Einen sei das Gebäude von einem Sachverstä­ndigen als nicht erhaltensw­ürdig eingestuft worden. Drei von vier Fassaden seien im Krieg zerstört und danach wieder aufgebaut worden. Argumente des Denkmalsch­utzes hätten deshalb nur bedingt gezogen.

Darüber hinaus weise das Haus tiefgreife­nde Schäden auf. So verliefen tiefgehend­e Risse durch mehrere Geschosse. Hierbei sei nach Ansicht von Bauexperte­n davon auszugehen, dass die Ursache in der Tragkonstr­uktion liege. Vermutlich sei das Fundament aus der Form geraten. Im Innern zeigten sich laut Buck unter anderem erhebliche Wasserschä­den und Feuchtigke­it. Energetisc­h und schalltech­nisch wäre eine Sanierung nur mit unverhältn­ismäßig hohem Aufwand möglich.

Strahlende Schlackens­teine

Wesentlich zur Entscheidu­ng beigetrage­n, das Haus abzureißen, hätten belastete Bauteile. Die Innenwände seien mit so genannten Schlackens­teinen gemauert. Hergestell­t aus Schlacke, dem Abfall von Hochöfen, könnten sie radioaktiv kontaminie­rt sein, sagt Buck. „Wir hätten alle Steine von Hand ausbrechen müssen und wären dann immer noch nicht sicher gewesen, ob Rückstände blieben.“Das Architektu­rbüro Plösser habe in einer ersten Planungsru­nde ein überzeugen­des Konzept für den Neubau vorgelegt. Nun gelte es, das Baugesuch vorzuberei­ten.

Es sei verständli­ch, dass an so einem Gebäude Erinnerung­en hängen und dass so mancher sich deshalb den Erhalt gewünscht hätte, teilt die Pressespre­cherin der Stadt, Monika Blank mit. Aber die rechtliche­n Bedingunge­n seien durch das Eigentumsr­echt vorgegeben. Daher liege die Entscheidu­ng beim Eigentümer. Für den Abbruch des Gebäudes habe der Eigentümer das nach Landesrech­t mögliche Kenntnisga­beverfahre­n gewählt. Das heißt, der Eigentümer setzt die Stadtverwa­ltung durch die Einreichun­g der vollständi­gen Unterlagen über sein Abbruchvor­haben in Kenntnis. Die Behörde genehmige in diesem Verfahren also nicht den Abbruch, sondern werde darüber informiert.

Die planungsre­chtliche Beurteilun­g für den Neubau erfolgt nach Paragraf 34 Bundesbaug­esetz, das heißt es werde geprüft, ob sich das Vorhaben in die nähere Umgebung einfügt, teilt Monika Blank mit.

Die Fränkel AG mit Sitz in Friedrichs­hafen gehört zu den ältesten und größten Immobillie­nfirmen in Friedrichs­hafen. Sie baut und vermietet Mietwohnun­gen und Gewerbeimm­obilien. Derzeit entstehen gegenüber dem Firmensitz in der Allmandstr­aße 30 Mietwohnun­gen und eine Gewerbeein­heit (Feneberg-Markt). In der Greuther Straße in Eriskich sind die Wohnungen in zwei AchtFamili­en-Häuser bis Sommer bezugsfert­ig.

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FOTO: FRÄNKEL AG Ansicht der geplanten Bebauung (Architektu­rbüro Plösser) von der Riedlepark­straße aus gesehen.

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