Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Horst Seehofer hat sich entschiede­n

Der CSU-Vorsitzend­e und bayerische Ministerpr­äsident will beide Ämter behalten

- Von Ralf Müller und Andreas Herholz

MÜNCHEN - Glaubt man dem bayerische­n Ministerpr­äsidenten Horst Seehofer, dann stand die Entscheidu­ng, ob er sich noch einmal um den CSU-Vorsitz und das Amt des Ministerpr­äsidenten bewirbt, Spitz auf Knopf. Die Entscheidu­ng sei erst am vergangene­n Sonntagabe­nd gefallen, ganz allein in Zweisamkei­t mit Ehefrau Karin, sagte Seehofer am Montag in München. Und sie sei knapp ausgegange­n: „51 zu 49 Prozent“.

Verwunderl­ich ist also, dass ungezählte Medien seit mehr als einer Woche unisono berichtete­n, Seehofer wolle weitermach­en. Der CSUChef hatte das Angebot, sich erneut um beide Ämter zu bewerben, am Vormittag in der Sitzung des Parteivors­tands unterbreit­et. Die Freude sei „einhellig“gewesen, berichtete Seehofer anschließe­nd.

Zuvor hatte sogar sein Finanzmini­ster Markus Söder dem Chef seine „ehrliche Unterstütz­ung“zugesicher­t – Söder gilt gleicherma­ßen als aussichtsr­eichster Nachfolge-Aspirant sowie als derjenige Kandidat, den Seehofer am allerwenig­sten in beiden Ämtern sehen möchte.

„Law-and-Order“-Profil stärken

Der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann wiederum erklärte sich einverstan­den, an der Spitze der CSU-Liste für die Bundestags­wahl zu kandidiere­n und gegebenenf­alls „in Berlin Verantwort­ung zu übernehmen“. Geht es nach der CSU, soll der Mittelfran­ke Bundesinne­nminister werden und mit Blick auf die Landtagswa­hl in Bayern das Profil der CSU als „Law-and-Order“-Partei stärken. Diesmal habe Herrmann nicht Nein gesagt, freute sich Seehofer. Er spielte damit auf dessen Weigerung vor sechs Jahren an, nach Berlin zu wechseln. Herrmann betonte in der Pressekonf­erenz, mehr Sicherheit in der ganzen Bundesrepu­blik sei machbar.

Seit 2013 hatte Seehofer mehrfach angekündig­t, mit der Landtagswa­hl 2018 seine Ämter abgeben zu wollen – den Parteivors­itz schon früher. Diese Aussage, meinte er jetzt, „gehört nicht zu den klügsten meiner politische­n Karriere“. Die damit ausgelöste jahrelange Nachfolged­iskussion habe er selbst zu verantwort­en. Jetzt sei der Fehler aber ausgeräumt worden. Eine Zeitangabe, wann er nunmehr abzutreten gedenke, werde es folglich nicht geben: „Man lernt nicht aus – auch nicht nach Erreichen der Altersgren­ze.“Seinen Parteifreu­nden verbot Seehofer Personalde­batten über die künftige Besetzung von Landes- und Bundesinne­nministeri­um: „Vielleicht nutzt's was.“

Alle Voraussetz­ungen, die er selbst für ein Weitermach­en aufgestell­t hatte, habe er positiv beantworte­t, auch die nach einer ausreichen­d stabilen Gesundheit, schilderte der CSU-Chef den Entscheidu­ngsprozess. Die Untersuchu­ng habe ergeben, dass er körperlich in der Lage sei, „beide Ämter zu erfüllen“und dass er fit sei, „vor allem im Kopf“. 37 Jahre Berufspoli­tiker, 21 Jahre Regierungs­erfahrung, neun Jahre Ministerpr­äsident – dennoch sei er immer noch „mit Leidenscha­ft“unterwegs, beteuert der 67-Jährige. Und so habe er entschiede­n, „das Erfolgsmod­ell Bayern weiter zu führen“. Er könne dem Land noch etwas dienen, so Seehofer.

Die bayerische Opposition reagierte auf Seehofers Entscheidu­ng mit Kritik und Spott. Da Seehofer seit Jahren von „nichts anderem als vom Aufhören“spreche, werde er „nie und nimmer für eine volle Legislatur bis 2023 in der Politik bleiben“, mutmaßte der Chef der Landtags-SPD, Markus Rinderspac­her: „Der CSUWahlbet­rug ist vorprogram­miert.“Das System Seehofer lasse „jede politische Zuverlässi­gkeit vermissen“.

In Berlin hielt sich die Begeisteru­ng nach Seehofers Ankündigun­g am Montag in Grenzen. Ein Sprecher von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) wollte Seehofers Zukunftspl­anung nicht kommentier­en.

Zieht die Union jetzt geschlosse­n in den Bundestags­wahlkampf, oder bricht der Streit über Merkels Flüchtling­spolitik und die CSU-Forderung nach Obergrenze­n für Asylbewerb­er wieder auf? „Wir freuen uns auf die weitere Zusammenar­beit und einen erfolgreic­hen Wahlkampf “, erklärte CDU-Generalsek­retär Peter Tauber knapp. „Die CSU bleibt der Stachel im Fleisch von Frau Merkel“, stichelte SPD-Generalsek­retärin Katarina Barley.

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FOTO: DPA „Es ist die Liebe, das Herz dabei“: CSU-Chef und Ministerpr­äsident Horst Seehofer stellt seinen Nachfolger vor – sich selbst.

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