Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Vorerst Schluss
Wirtsehepaar Nicoletti nimmt nach vielen Jahren in Tettnang eine Auszeit
- Am morgigen Sonntag öffnet das „Da Peppino“gegen 18 Uhr zum letzten Mal. Das Wirtsehepaar Giuseppe „Peppino“und Silvia Nicoletti setzt damit erst einmal einen Schlussstrich unter zahlreiche Jahre in der Montfortstraße und am Bärenplatz.
1994 kommen die Nicolettis in Tettnang an. Der Koch Peppino Nicoletti ist da noch Geschäftsführer des „Da Capo“in Stuttgart. Berühmtheiten geben sich die Klinke in die Hand, Weltstars wie Eros Ramazotti und Aha treten in den Räumen auf, immer ist Trubel. Alles läuft eigentlich gut: Der Besitzer des „Da Capo“ist sogar der Patenonkel von Nicolettis Sohn, so eng und freundschaftlich ist die Beziehung.
Doch die Aufgabe fordert ihren Tribut, die Arbeit als Geschäftsführer eines solchen Lokals ist entbehrungsreich: Frühmorgens ins Geschäft, mittags vorschlafen und dann bis in die Nacht arbeiten. Das ist der normale Tagesablauf. Die Nicolettis beschließen, das zu ändern, wollen mehr Zeit für ihre Familie und finden in einer Hotel- und Gaststättenzeitung ein Inserat. In Tettnang ist ein Lokal in der Montfortstraße frei.
„Eine kuschelige, kleine Stadt“
Silvia Nicoletti erinnert sich an den ersten Besuch: „Tettnang war damals eine kuschelige, kleine Stadt.“Die Montfortstraße gefällt den beiden. Gastronomen schauen anders auf Städte und Straßen. Nicht nur finden sie Tettnang schön, sie bemerken auch: Es gibt gute Geschäfte, die Menschen kaufen viel ein. Im August eröffnen sie ihr Restaurant.
Der Laden floriert. „Alles ist super gelaufen“, sagt Silvia Nicoletti. Es sind gute Jahre, in der Familie sind zahlreiche Gastronomen. Die Schwäger führen Restaurants in Stuttgart. Eines davon, die Pizzeria „Italia“, ist Stammlokal des VfB Stuttgart. Unter anderem Jürgen Klinsmann ist dort damals Dauergast.
Aus privaten Gründen ist 2005 Schluss: Die Nicolettis schließen das Restaurant in der Montfortstraße. Doch ihr Traum von der Gastronomie lässt sie nicht los. Sie übernehmen das Weingartener Traditionslokal „Alter Ochsen“. Die beiden krempeln die Ärmel hoch, investieren viel Geld, stellen Personal ein. Insgesamt hat das Lokal im Innen- und Außenbereich 200 Sitzplätze. Die Tettnanger Stammgäste bleiben den beiden treu. Bei Schneetreiben füllt sich eines Tages sogar das ganze Restaurant mit lauter Besuchern aus Tettnang. Silvia Nicoletti sagt: „Das war Balsam für die Seele. Da war ich stolz.“
Als ihr Mann Peppino im Mai 2006 Müll zum Entsorgungsunternehmen Bausch bringt, hat er einen Unfall. Die Handbremse eines anderen Fahrzeugs ist nicht angezogen, das Fahrzeug gerät ins Rollen. Der Küchenchef rettet zwar beherzt sein Leben, wird aber trotzdem eingeklemmt und fällt schwerverletzt aus.
Der Koch hat die Küche bis dahin fest im Griff. Detailversessen achtet er darauf, dass jedes Mahl so perfekt wie möglich in den Gastraum kommt. Sein Blick fürs Detail fehlt jetzt, und Silvia Nicoletti muss sich auch noch ums Servicepersonal kümmern. Das ist auf Dauer zu viel, zumal sie und ihre Kinder Marieangela und Marcantonio sich auch ums Wohl des Vaters sorgen. Nach einiger Zeit schließen sie den Laden. Verwandte und Freunde unterstützen die kleine Familie, Silvia Nicoletti nimmt alle Arbeiten an, die sie kriegen kann: „Wir haben gekämpft.“
Eines Tages kommt ein Angebot, das wie geschaffen ist: Das Sportheim des VfL Brochenzell sucht nach Pächtern. Da in der Regel nur abends geöffnet ist, kann der stolze Koch erst einmal ausprobieren, ob er die Arbeit in der Küche wieder meistert. Neben Pizza gibt es auch Rote. Und wieder sind die alten Stammgäste da. Der Vertrag läuft ein Jahr.
Um diese Zeit werden die Räume des „Da Peppino“frei. Im Februar 2010 öffnet die Pizzeria. Die Stammgäste müssen nicht mehr in andere Orte pendeln, das Trefflokal ist jetzt am Bärenplatz. Schade sei es, sagen viele von ihnen, dass die Nicolettis jetzt aufhörten. Am morgigen Sonntag ist ab 18 Uhr noch Leertrinken. Dann geht es erst mal in eine Auszeit, der Gesundheit wegen. Die Wiederkehr sei nicht ausgeschlossen, sagt Silvia Nicoletti: „Wir sind schon immer Stehaufmännchen gewesen. Aber jetzt müssen wir erst mal wieder Kraft sammeln.“