Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Maisfeld ersetzt Apfelplantage
Nach Frost lohnt sich Obstbau oft nicht mehr – Beißwenger fordert Hilfen vom Freistaat
(jule/mun/isa) - Eigentlich sollten dort die Apfelbäume blühen, nun wird in Selmnau bei Wasserburg bald ein Maisfeld stehen: Obstbauer Stefan Haas hat sich dafür entschieden, auf einem Teil seiner Obstplantagen Mais anzubauen. Eine betriebswirtschaftliche Entscheidung. Denn die Apfelbäume hätten im Sommer nur Geld gekostet und nichts eingebracht. Und Hilfen vom Freistaat Bayern wegen der erfrorenen Blüten gibt es noch immer nicht.
„Das Risiko wird einfach zu groß, Geld zu investieren, wenn nichts mehr rauskommt“, sagt Haas. Denn die Obstbäume müsste er im Sommer pflegen, auch wenn sie im Herbst keinen Ertrag bringen. Nun rodet er mit seinem Sohn und einem Helfer eine etwa 1,3 Hektar große Fläche. Die Bäume darauf hätte er im Herbst sowieso fällen müssen, denn sie sind schon alt. „Nun mache ich es halt schon jetzt. Dann habe ich keine Unkosten und das Geld, das der Mais bringt“, sagt Haas. Einen Abnehmer für den Mais habe er bereits.
Laut Haas gibt es am Bodensee noch einige Kollegen, die für diesen Sommer ebenfalls gerne Mais anstelle von Obst anpflanzen würden. „Viele haben aber grad gar nicht das Personal dazu.“Denn der Mais muss in den kommenden Tagen ausgesät werden.
Anerkannte Naturkatastrophe
Die Umwandlung von Obstanlagen in Maisfelder soll möglichst eine Ausnahme bleiben. Der Oberallgäuer CSU-Abgeordnete Eric Beißwenger hat im Landtag den Antrag gestellt, dass der Freistaat den Obstbauern am Bodensee hilft. „Wir können die Bauern nicht im Regen stehenlassen“, sagt er, „denn hier geht es auch um den Erhalt einer Kulturlandschaft“. Laut einer Pressemitteilung steht der Antrag in der nächsten Ausschusssitzung auf der Tagesordnung. Zudem stuft Baden-Württemberg den Frost als Naturkatastrophe ein und zahlt Gelder aus dem Nothilfefonds. Die bayerischen Obstbauern dürften nicht schlechter gestellt sein als die württembergischen Nachbarn, sagt Martin Nüberlin, der Vorsitzende der Erzeugergemeinschaft Lindauer Obstbauern: „Wir in Bayern haben den gleichen Schaden und die gleiche Not.“Auch wenn die bayerische Anbaufläche kleiner und damit auch die Schadenshöhe geringer sei. Aber eine Katastrophe war der Frost für die Obstbauern allemal. Für Martin Nüberlin ist klar: „Das ist eine Naturkatastrophe, die uns in eine Situation gebracht hat, für die wir nichts können.“
Und dann sagt Nüberlin, was man in diesen Tagen immer wieder von Obstbauern am bayrischen Bodensee hört: „Ich bin jetzt 65 Jahre alt und habe in meinem ganzen Leben sowas noch nicht erlebt.“
Stefan Haas will im Herbst entscheiden, ob aus seinem Maisacker wieder ein Obstfeld wird. „Das hängt davon ab, wie viel Geld dann da ist, um neue Bäume zu beschaffen“, sagt er. Und das hängt unter anderem auch davon ab, ob er vom Freistaat Hilfen bekommt. „Wenn ich eine Entschädigung bekomme, habe ich natürlich mehr Geld in der Tasche.“Doch besonders lukrativ sei der Beruf des Obstbauern sowieso nicht mehr. „Die Rahmenbedingungen stimmen einfach nicht mehr“, sagt Haas. Dazu gehöre der Mindestlohn, den die Bauern ihren Erntehelfern mittlerweile bezahlen müssen. Auch Hagelschutznetze kosten, so Haas, viel Geld: „Eine Anlage mit Hagelschutznetz kostet 40 000 Euro pro Hektar.“
Der Abgeordnete Beißwenger folgt den Bauern und will, dass alle Schäden erfasst werden, danach solle der Freistaat finanzielle Entschädigungen ausloten. Gleichzeitig will Beißwenger geprüft wissen, ob sich die Landwirte gegen derartige Risiken versichern können und wie sie sich langfristig mit technischen Mitteln gegen solche Ausfälle schützen können.
Wo es genügend Wasser gibt, könnte bei Frost eine Beregnungsanlage vor Frostschäden schützen, sagt Nüberlin: „In Südtirol ist das gang und gäbe.“Allerdings sind solche Anlagen sehr teuer.
Auf die Frage, welche Folgen die Frostschäden für die Verbraucher haben werden, antwortet Martin Nüberlin: Die Preise werden sicher nicht sinken. Auf der anderen Seite könne er sich aber auch nicht vorstellen, dass Äpfel „endlos teuer“werden.