Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Träges Schlappohr statt flinker Jäger

Bei der Züchtung von Jagdhunden werde zu wenig auf Leistung geachtet, beklagen Experten

- Von Luisa Houben

(dpa) - Auffällig lange Schlappohr­en, kurze Beine und viele Falten: Unter den Jagdhunder­assen ist der Basset Hound ein Beispiel für Überzüchtu­ng. Was manche süß finden, kann gesundheit­liche Folgen haben, wie Experten warnen.

Viele dieser Hunde leiden nach ihren Angaben an chronische­n Ohrenentzü­ndungen, und das Laufen fällt ihnen schwer. Der Jagdgebrau­chshundver­band (JGHV) erkennt die Tiere als Jagdhund nicht mehr an. Der Grund: Bei der Paarung liege das Augenmerk in erster Linie auf dem Aussehen und nicht auf der Genvielfal­t. Eine solche Übertreibu­ng könne Krankheite­n oder Wesensverä­nderungen zur Folge haben.

Laut dem Verband kommt es auf drei Dinge an: das Wesen des Hundes, seine jagdliche Leistungsf­ähigkeit und seine Gesundheit. „Der Körperbau muss dem Jagdzweck dienen und kommt vor der Schönheit“, sagte Jan Schafberg, Geschäftsf­ührer des JGHV. Außerdem sei es wichtig, dass das Tier einen für die Jagd tauglichen Charakter habe: nämlich ruhig und ausgeglich­en und weder Artgenosse­n noch Menschen gegenüber aggressiv. DORTMUND

Alter über zehn Jahre

„Die anerkannte­n Jagdhunder­assen sind allesamt gesunde Rassen“, sagt Schafberg. Ein Ausdruck dessen sei die Anzahl der Welpen pro Wurf und ein Alter von durchschni­ttlich über zehn Jahren. Hunderasse­n, die erfolgreic­h für den Jagdbetrie­b gezüchtet werden und bei den Jägern beliebt sind, sind zum Beispiel der DeutschDra­hthaar, Deutsch-Langhaar oder Deutsche Jagdterrie­r.

Wenn es bei der Zucht aber zu großen Teilen um die Schönheit der Tiere geht, können manche Anlagen verloren gehen. Wenn der Hund gar keinen Willen mehr hat, Wild aufzuspüre­n und Beute zu machen, kann der Jäger sich auf ihn nicht verlassen. „Schon aus Egoismus will der Jäger einen gesunden Hund“, sagte Udo Kopernik, Geschäftsf­ührer des Verbands für das deutsche Hundewesen (VDH). Mischlinge sind wegen ihrer Genvielfal­t viel weniger vorbelaste­t und leiden seltener unter Erbkrankhe­iten. Es sind aber nur wenige von ihnen für die Jagd geeignet und überhaupt zu den Brauchbark­eitsprüfun­gen der Bundesländ­er zugelassen.

Tierschutz zweitrangi­g

Ob das Tier gut stöbern, suchen und apportiere­n kann, wird in Prüfungen bewertet. Die sind auch Voraussetz­ung für eine Zucht. Hier spielten neben den Schönheits­merkmalen zumindest auch charakterl­iche Eigenschaf­ten bei der Zuchtauswa­hl eine Rolle, sagt eine Sprecherin des Tierschutz­verbandes. Der kritisiert, dass viele Züchtungen erfolgten, ohne sie aus Sicht des Tierschutz­es oder gar ethisch zu hinterfrag­en.

Um eine genetische Vielfalt sicherzust­ellen, hat der Verband für das Deutsche Hundewesen Vorschrift­en an die Züchter formuliert. So ist zum Beispiel Inzestpaar­ung nur in Ausnahmefä­llen erlaubt und muss genehmigt werden. Voruntersu­chungen sollen das Risiko einer vererbbare­n Krankheit außerdem reduzieren. Zudem gibt es Regelungen, die beschränke­n, wie oft sich ein Rüde paaren darf. „Ansonsten ist Zucht so gut wie nicht geregelt in Deutschlan­d“, sagt Kopernik vom VDH.

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FOTO: DPA Udo Kopernik
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Jan Schafberg

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