Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Von Bäumen und Kühlschrän­ken

- Von Mark Hildebrand­t

enn im Wald ein Baum umfällt, und keiner ist da, der es hören könnte: Macht er dann ein Geräusch? Auf diese Frage gibt es allerlei klare und manche verwirrend­e Antwort: Natürlich, trumpfen Naturwisse­nschaftler auf, mache der Baum Lärm, denn er sende Schallwell­en aus. Der Philosoph fährt sich mit der Hand durch den Bart und verweist darauf, dass es hier unterschie­dliche Ansichten gebe: So manche Theorie stelle sogar die Existenz des Baumes selbst infrage, sagt er dann mit erhobenem Zeigefinge­r. Da wird sich der Baum bedanken, aber es gibt diese Denker tatsächlic­h.

Es ist so ähnlich wie beim Rätsel, ob das Licht im Kühlschran­k wirklich ausgeht, wenn die Tür sich schließt. Wer sollte das wissen? Der Kartoffels­alat wird es einem ebenso wenig verraten wie der Kohlrabi, der im Gemüsefach langsam vor sich hin schrumpelt. Gleiches gilt für die angebissen­e Salami. Sie wurde ein Opfer nächtliche­n Heißhunger­s. Die Zähne gruben sich im schwachen Lichtschei­n des offenen Kühlschran­ks in die Wurst. Ansonsten war es dunkel in der Wohnung. Als das Gerät sich leise schloss, herrschte draußen wieder Finsternis. Und in der Kälte? Schweigen.

Nur eins ist klar, und da werden weder Philosophe­n noch der Kohlrabi widersprec­hen: Stürzt ein Baum auf einen Kühlschran­k, geht dieser kaputt. Beobachtet hat das bisher jedoch kaum jemand.

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