Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Tödliche Revierkämpfe
In Leipzig steht ein Hells-Angels-Boss vor Gericht, weil er auf United Tribuns geschossen haben soll
(dpa) - Auf der Anklagebank: vier Rocker der Hells Angels. Im Publikum: zwei Reihen voller Mitglieder des neueren Rockerclans United Tribuns, fast alle in hautengen T-Shirts über den trainierten Oberkörpern. In Saal 115 des Landgerichts geht es am Montag um Mord.
Der mutmaßliche Haupttäter, ein heute 31 Jahre alter Hells-Angels-Rocker, soll am 25. Juni 2016 in Leipzigs berüchtigter Eisenbahnstraße mehrere Schüsse auf Mitglieder der United Tribuns abgegeben haben. Ein 27Jähriger starb, zwei Männer wurden lebensgefährlich verletzt. Die anderen drei Angeklagten sollen sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft mit „Gewalttätigkeiten“beteiligt haben. Ihr Ziel: den Tötungsplan vollenden.
Die Fehde zwischen den beiden Clans ist eins der jüngsten Beispiele für Gewalt zwischen etablierten Rockern und Neulingen in dem Milieu. Sie zeigt, wie Revierkonflikte und Machtrangeleien eskalieren können. Schon in seinem letzten Bundeslagebild Organisierte Kriminalität sprach das Bundeskriminalamt von einem Trend zur Gründung „rockerähnlicher Gruppierungen“. 2015 gab es gegen solche Gruppen 14 Verfahren im Umfeld Organisierter Kriminalität. Sieben davon richteten sich gegen die United Tribuns, eine in Villingen-Schwenningen gegründete Gang mit Mitgliedern vorwiegend aus dem Türsteher- und Bodybuildermilieu.
Experten beobachten, wie diese Gruppe aus dem Süden zunehmend in andere Bundesländer drängt. Im Mai 2016 eröffneten die Tribuns laut eigener Facebookseite in Leipzig ein Clubhaus – und drangen damit wohl in bislang unangefochtenes HellsAngels-Gebiet ein. Wenige Wochen später kam es zu den Schüssen.
Details und Hintergründe der Tat sind noch immer unklar. Die geplante Verlesung der Anklage wurde unmittelbar nach Auftakt des Prozesses auf den kommenden Termin am 1. August verschoben. Die Verteidiger der vier Hells Angels hatten Einwände gegen die Schöffen. Außerdem erachteten sie eine psychologische Sachverständige als befangen. Angesetzt sind 36 Verhandlungstage.