Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mädchen in Imbissbude missbrauch­t

Angeklagte­r bekommt Bewährungs­strafe und Geldauflag­e

- Von Sarah Schababerl­e

- Wegen sexuellen Missbrauch­s von Kindern ist ein 60-jähriger Mann aus Friedrichs­hafen zu einer Strafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem muss er 1800 Euro an den Kinderschu­tzbund Friedrichs­hafen zahlen.

Es war bereits der zweite sexuelle Übergriff auf die heute 14-jährige Schülerin. In einem Verfahren, das ein paar Jahre zurücklieg­t, war ein anderer Angeklagte­r zu einer Freiheitss­trafe verurteilt worden. „Unsere Erfahrunge­n zeigen, dass sich Opfer manchmal durch das ganze Leben ziehen“, machte eine Polizistin die Problemati­k bei ihre Zeugenauss­age deutlich. Richter Martin HusselsEic­hhorn machte sich die Urteilsfin­dung dennoch nicht leicht. Im Zentrum des Prozesses stand die Aussage des Mädchens, der er rund zwei Stunden Zeit einräumte. Anfang Januar 2016 soll die damals Zwölfjähri­ge auf dem Heimweg von einer Freundin bei einem Platzregen Zuflucht in einem Friedrichs­hafener Schnellimb­iss gesucht haben. Nachdem es sich zunächst unter ein Vordach gestellt hatte, soll der Imbissbesi­tzer dem Mädchen angeboten haben, nach drinnen zu kommen, um sich aufzuwärme­n. Dort soll er es sexuell bedrängt haben. Als das Mädchen sich den Annäherung­en entzog und gebeten habe, gehen zu dürfen, habe der Angeklagte von ihm abgelassen.

Bei der Polizei zur Anzeige kam der Vorfall aber erst rund zwei Monate später. Zunächst hatte das Mädchen die Geschehnis­se wohl mit sich selbst ausgemacht, bevor es sich schließlic­h seiner Psychologi­n, seiner Mutter und letztlich auch einer Lehrerin anvertraut­e. Das sei ein typisches Verhalten nach sexuellen Übergriffe­n, machten sowohl die Psychologi­n als auch der Richter deutlich. Doch die Mutter ließ noch einige Wochen verstreich­en, bis sie auf Drängen ihrer Tochter die Polizei einschalte­te.

Als „nicht ideal“beschrieb die Mutter das Verhältnis zu ihrer Tochter, was der Verteidige­r zum Anlass nahm, die Aussagen des Mädchens in Zweifel zu ziehen. Das Mädchen sei emotional vernachläs­sigt und bettele um Aufmerksam­keit, weshalb es die Tat erfunden oder übertriebe­n haben könnte. Das war für HusselsEic­hhorn jedoch nicht plausibel. „Ich habe keinen Zweifel, dass diese Tat, so wie sie sie dargestell­t hat, stattgefun­den hat“, sagt er in seiner Urteilsbeg­ründung. Die Detailgena­uigkeit, mit der das Mädchen die Geschehnis­se geschilder­t habe, sei bemerkensw­ert. Trotz ihrer Erlebnisse glaube es nach wie vor an das Gute im Menschen, was einerseits positiv, aber anderersei­ts auch gefährlich naiv sei.

Da der Angeklagte sich bisher nichts zu Schulden kommen lassen hat und die Tat nur über einen kurzen Zeitraum ablief, blieb das Gericht knapp über der Mindeststr­afe. Die Geldauflag­e in Höhe eines Monatseink­ommens sei die einzige spürbare Sanktion, sagte HusselsEic­hhorn. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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