Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Angeklagter im Berger Mordprozess sieht sich als Opfer eines Komplotts
Der vorsitzende Richter rechnet mit einer Dauer bis zum Jahresende – Vortrag des psychiatrischen Gutachters wurde verschoben
- Mit dem Vortrag von 13 Beweisanträgen des Angeklagten und eines weiteren seitens seines Pflichtverteidigers ist der Berger Mordprozess vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Ravensburg am Donnerstag fortgesetzt worden. Die ursprünglich vorgesehenen Ausführungen des psychologischen Gutachters sind bis auf Weiteres verschoben worden.
Bereits an den vorangegangenen Verhandlungstagen hatte der Angeklagte eine Fülle von Beweisanträgen gestellt, die vom Gericht bisher ausnahmslos abgelehnt worden sind. Es ging um eine Überprüfung von Sachgutachten und Ermittlungsergebnissen der Kriminalpolizei, anhand derer die Staatsanwaltschaft ihre Mordanklage erhoben hatte, aber auch um die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen. Dabei versucht der Angeklagte nachzuweisen, dass die Zeugen sowohl aus dem familiären Umfeld seiner getöteten Frau als auch von den ermittelnden Kripobeamten vorsätzlich falsch ausgesagt haben, aber auch bei der Spurenaufnahme einseitig zu seinen Lasten vorgegangen worden sei.
Nach seiner Darstellung gibt es keine belastbaren Indizien dafür, dass er während eines Freizeitwochenendes mit seinen Kindern in der Erdinger Therme nachts von Erding nach Berg gefahren, seine von ihm getrennt lebende Frau erdrosselt und danach einen Suizid der Frau vorgetäuscht hat. Abwegig sind aus seiner Sicht auch alle Behauptungen, er habe sich in unsinnige Vorwürfe gegen seine Frau und seinen Schwiegervater verstiegen, als er sie beschuldigte, ein sexuelles Verhältnis über einen längeren Zeitpunkt unterhalten zu haben. Oberstaatsanwalt Karl-Josef Diehl wertete die Antragsflut des Angeklagten und seines Pflichtverteidigers als untauglichen Versuch, die Beweisaufnahme wieder von vorn zu beginnen, indem verlangt wird, Zeugen erneut vorzuladen und weitere Sachgutachten einzuholen. Bei ihrer ersten Vernehmung habe, so Diehl und der Vertreter der Nebenklage, ausreichend Gelegenheit bestanden, die Zeugen auf mögliche Widersprüche hinzuweisen.
Er müsse eben in zeitaufwändigen Recherchen deren Angaben nachgehen, um sie widerlegen zu können, erwiderte der Angeklagte und kündigte rund 40 weitere Beweisanträge an. Auch sein Verteidiger sprach von einer Reihe neuer Anträge, die er noch ausformulieren müsse.
Hier brachte der Vorsitzende Richter Jürgen Hutterer die Strafprozessordnung ins Spiel. Sie sehe zwar die Möglichkeit vor, dass ein Strafgericht eine Frist setzt, innerhalb derer Beweisanträge eingebracht werden können. Es dürfe aber keinen Antrag von vornherein ausschließen.
Eigentlich hätte am Donnerstag der psychiatrische Gutachter gehört werden sollen. Auf Wunsch des Angeklagten wurde dieser Vortrag auf unbestimmte Zeit verschoben, damit sich der Gutachter anhand der weiteren Beweisanträge ein umfassendes Bild vom psychischen Zustand des Angeklagten machen kann.
In Anbetracht der Fülle neuer Anträge und dem damit verbundenen Beratungsaufwand für die Große Strafkammer forderte der Vorsitzende Richter den Verteidiger auf, dem Gericht baldmöglichst alle seine freien Termine zwischen dem 1. September und 31. Dezember 2017 mitzuteilen. Hutterer rechnet offenbar nicht damit, dieses Verfahren vor seiner Pensionierung abschließen zu können. Deshalb sitzt seit Prozessbeginn ein Ersatzrichter mit am Richtertisch.