Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kaufst du noch, oder leihst du schon?
Leihgeschäfte stehen vor dieser Bundesligasaison noch höher im Kurs als sonst
(SID) - James Rodríguez, Serge Gnabry, Douglas Costa und nun vielleicht noch Renato Sanches – der FC Bayern München ist seit diesem Sommer auch der Ausleih-Meister der Bundesliga. Zwar leiht nicht nur der Branchenführer, was das Zeug hält – dennoch gelten die zehn Millionen Euro für zwei Jahre, die Bayern für James an Real Madrid überwiesen hat, in der aktuellen Transferperiode als weltweiter Rekord. Der Kolumbianer ist damit der drittteuerste Leihspieler überhaupt, und doch vergleichsweise ein Schnäppchen.
Das florierende Geschäftsmodell an der Säbener Straße ist untrennbar mit dem Namen von Kaderplaner Michael Reschke verbunden. „Mit Blick auf die Bayern denke ich, dass Michael Reschke, der Vorreiter der Leihsystematik, damals in Diensten von Bayer Leverkusen, seine Ideen mitgenommen beziehungsweise in der Zwischenzeit sogar weiterentwickelt hat“, sagt etwa Spielerberater Jörg Neblung.
Laut Neblung wollen aber nicht nur die Bayern in vielen Fällen keine langfristigen Vereinbarungen mit Spielern mehr treffen. „Ich sehe bei den Leihgeschäften schon einen Trend. Aber es gibt keine klare Schematik, denn es gibt ganz unterschiedliche Leihoptionen“, sagt er, „entweder soll ein Talent Spielpraxis erhalten, oder sich ein etablierter Spieler, der wenig Einsatzchancen in seinem Stammverein hat, wieder zurück in den Fokus spielen, oder man findet schlichtweg keine Einigung auf der Verkaufsebene und erwägt eine Leihe mit Kaufoption als Kompromiss.“
Neben der Leihe mit Kaufoption (knapp 40 Millionen Euro im Fall James) gibt es noch weitere Modelle. FRANKFURT So kann eine Kaufoption zur Kaufpflicht werden, wenn ein Profi eine vereinbarte Anzahl von Spielen absolviert. Es kursieren auch Verträge mit einer generellen Kaufpflicht – was im Grunde nichts anderes als eine Ratenzahlung bedeutet. Und es gibt mittlerweile vermehrt Rückkaufklauseln, was den Transfer eines Spielers mehr oder weniger zu einer Leihe umfunktioniert. So oder so heißt es in der Liga: Kaufst du noch, oder leihst du schon?
Auch absolute Spitzenclubs leihen
Früher wurden „Leihgeschäfte gerne von zahlungsschwächeren Vereinen in Erwägung gezogen, weil sie so günstig an hochveranlagte Spieler kommen“, wie Neblung sagt. Und weiter: „Hauptknackpunkt sind meist die Kaufoptionen am Ende der Leihphase, wo sich ein Konsens zwischen abgebenden und aufnehmenden Clubs oft schwierig gestaltet.“
Doch mittlerweile leihen eigentlich alle Clubs – auch, weil selbst absolute Spitzenvereine wegen des explodierenden Marktes nicht immer eben mal 40 bis 50 Millionen Euro auf der hohen Kante haben, um einen einzelnen Spieler aus seinem Vertrag loszueisen. Siehe Juventus, das Bayerns Costa auch darum erst einmal nur ausgeliehen hat. Dass Torjäger Anthony Modeste dagegen nur als Leihspieler vom 1. FC Köln nach China abgewandert ist (sechs Millionen Euro für zwei Jahre), hat allerdings andere Gründe: Seit Juni ist im Reich der Mitte bei Spieler-Importen eine Steuer von 100 Prozent der Ablösesumme fällig, sofern der betroffene Kicker mehr als 5,8 Millionen Euro kostet. So will die Regierung „irrationale Ausgaben“eindämmen.