Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wer ist bloß dieser Banksy?

Das berühmte Phantom in der Graffiti-Szene hinterläss­t seine Motive seit mehr als 25 Jahren an Wänden und Mauern überall auf der Welt

- Von Jacqueline Rother

(dpa) - Er ist weltberühm­t, aber niemand kennt seinen richtigen Namen oder hat ihn je wirklich gesehen. Die Identität des britischen Graffiti-Künstlers Banksy ist ein scheinbar gut gehütetes Geheimnis. Und das seit über 25 Jahren, als er in seiner Heimatstad­t Bristol begonnen hat, Häuserwänd­e und Züge zu besprühen. LONDON

Seitdem führt er seinen künstleris­chen Guerilla-Kampf gegen Autoritäte­n überall auf der Welt. Banksy ist bekannt für seine ausdruckss­tarken, meist kontrovers­en und gesellscha­ftskritisc­hen Motive. Krieg, Faschismus oder das übermäßige Konsumverh­alten der Gesellscha­ft geben ihm seit Jahrzehnte­n genug Stoff für seine Arbeit.

„Shop till you drop“(zu Deutsch: Einkaufen bis zum Umfallen), mit der fallenden Frau und dem Einkaufswa­gen, ist eines der wenigen Graffiti, die in London von Banksy noch zu sehen sind. Dazu schrieb er in einem seiner Bücher: „Wir können die Welt nicht verändern, bis der Kapitalism­us zerbröckel­t. In der Zwischenze­it sollten wir alle einkaufen gehen, um uns selbst zu trösten.“

Seit Banksy Ende der 1990er-Jahre nach London kam, hat er an vielen Orten in der Hauptstadt seine farbigen Kunstwerke hinterlass­en. Mit der Zeit wurden aber viele Motive übermalt oder aber auch ganz entfernt.

Denn das Graffitisp­rühen ist in Großbritan­nien illegal. „Es kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden“, sagt Josh. Er ist Künstler und veranstalt­et Street-Art-Touren durch das Londoner East End – das StreetArt-Paradies der britischen Hauptstadt. Jugendlich­en drohe dabei bis zu zwei Jahren Gefängnis. „Deswegen ist die Devise für Banksy und die Street-Art-Szene im Allgemeine­n: sei so schnell wie nur irgend möglich. Je länger du für ein Motiv braucht, desto höher ist natürlich die Wahrschein­lichkeit, dabei erwischt zu werden“, sagt Josh.

Weil Banksy in jungen Jahren beim Sprayen fast von der Polizei erwischt wurde, wie er einmal angeblich in einem Interview sagte, ist er auf Schablonen umgestiege­n, mit denen er noch heute arbeitet. „Die kann er in Ruhe vorbereite­n und später in kürzester Zeit detailreic­he Graffiti sprühen, ohne ein Risiko einzugehen“, erklärt Josh.

Viele wüssten gern, wer der anonyme Künstler ist. Erst vor einiger Zeit verplapper­te sich ein britischer DJ bei einem Interview und nannte– angeblich – den Vornamen des Künstlers: Robert. Damit nahmen wieder Spekulatio­nen über seine Identität an Fahrt auf.

Es gibt etliche Theorien: Viele glauben, dass Banksy ein 40-jähriger Mann aus Bristol ist. Er könnte aber auch in Wirklichke­it Robert Del Naja, Sänger der Band Massive Attack, sein. Oder handelt es sich um den Künstler Robert Gunningham? Möglicherw­eise steckt hinter Banksy ein Kollektiv aus sieben Leuten, das von einer Frau geleitet wird.

Das Thema soziale Gerechtigk­eit und die Art der Darstellun­g verbinden viele Beobachter mit Frauen. Sie könnten sich einfach viel besser in die Haut anderer hineinvers­etzen. Außerdem sind in vielen Motiven Kinder zu finden. Britische Journalist­en haben in der Vergangenh­eit versucht, Banksys Identität zu lüften. Aber bisher ist es niemandem gelungen.

Ob Mann oder Frau: Dass ein neues Graffito ein „echter“Banksy ist, das lässt sich mittlerwei­le nachprüfen. Ein extra eingericht­etes Zertifizie­rungsbüro mit dem Namen „Pest Control“gibt Auskunft über die Echtheit eines Motives. Es soll von Banksy selbst eingericht­et worden sein. „Damit niemand einem Betrug aufsitzt“, wie es auf der Internetse­ite des Dienstes heißt.

Unbeeindru­ckt von den Spekulatio­nen um seine Identität, macht Banksy weiter. Im März dieses Jahres eröffnete er das „Walled Off“-Hotel in Israel. „Das Hotel mit dem schlimmste­n Blick der Welt“, wie der Künstler sagt. Es steht in der Westbank

„Banksy ist für uns der genialste Urban-Art-Künstler überhaupt.“

Sarah Kronsbein, Münchner Galeristin und bietet einen direkten Blick auf die Mauer, die Israel und das Westjordan­land trennt. Im Inneren finden sich mehrere Graffiti des Künstlers.

Bei der ersten Ausstellun­g von Banksy-Werken in Deutschlan­d in München, die im letzten Jahr stattgefun­den hat, sagte Galeristin Sarah Kronsbein: „Banksy ist für uns der genialste Urban-Art-Künstler überhaupt.“Was er anzumerken habe, sei herrlich ironisch, raffiniert und oft ganz scharfsinn­ig auf den Punkt gebracht.

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Galeristin Sarah Kronsbein ist ein großer Banksy-Fan.

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