Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Stadt will Prostitution aus Altstadt verbannen
Sperrbezirksverordnung lag lange auf Eis, wird jetzt aber wieder vorangetrieben
RAVENSBURG - Wo wird in Ravensburg künftig Prostitution erlaubt und wo verboten? Die Stadtverwaltung kommt mit ihrer Sperrbezirksverordnung offenbar nur schleppend voran. „Andere Themen waren in letzter Zeit einfach wichtiger, wie die Ausweisung neuer Wohngebiete und das nicht-horizontale Gewerbe“, sagte Erster Bürgermeister Simon Blümcke im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Obwohl das leidige Thema in der Prioritätenliste nicht weit oben steht, will sich Blümcke aber demnächst wieder damit beschäftigen, sodass es bis zum ersten Quartal 2018 abgeschlossen werden könne.
Wo liegt eigentlich das Problem? Kommt ein Rotlichtbetreiber auf die Idee, ein größeres Bordell in Ravensburg einzurichten, kann die Stadt ohne Sperrbezirksverordnung nicht allzu viel dagegen tun, wenn das Etablissement nicht in unmittelbarer Nähe zu einer Schule oder einem Kindergarten liegt. Mit Veränderungssperren und einem Bebauungsplan ließ sich zwar ein geplantes Laufhaus für knapp 20 Prostituierte in der Jahnstraße verzögern und dann verhindern, aber eher deswegen, weil die Eigentümer von ihren Plänen freiwillig Abstand genommen und eine entsprechende Klage zurückgezogen hatten.
Grundsätzlich ist in Baden-Württemberg in Städten ab 35 000 Einwohnern Prostitution erlaubt. In einer Sperrbezirksverordnung, die vom Regierungspräsidium Tübingen (RP) nach den Wünschen der Stadt erlassen wird, kann genau festgelegt werden, welche Stadtviertel „dafür gerade so infrage kommen und welche auf keinen Fall“, sagt Blümcke. Die Altstadt wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Sperrbezirk, während „Gewerbegebiete an der Peripherie“ eher geeignet seien. So gibt es im Gewerbegebiet Karrer jetzt schon ein kleines Bordell, das allgemein als unproblematisch gilt, weil in der Nachbarschaft niemand wohnt.
Was aber nicht geht, ist, dass die Stadt Bordelle nur dort zulässt, wo es gar keine freien Grundstücke oder Gebäude gibt. Das hatte die Stadt Friedrichshafen versucht und ist damit heftig auf die Nase gefallen. Vier Callgirls klagten bis zur letzten Instanz und bekamen vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim Recht, weil die Verordnung zu restriktiv war. Um ähnliche Fehler zu vermeiden, hat sich die Stadt laut Blümcke noch mal mit dem RP zusammengesetzt und einiges abgeändert vom ursprünglichen Entwurf.
Stärkere Handhabe
Abwarten wollte die Stadtverwaltung außerdem das Inkrafttreten des „Landesausführungsgesetz zum Prostituiertenschutzgesetz“. Dies gebe den Kommunen eine stärkere Handhabe, das Rotlichtgewerbe zu steuern. Prostituierte müssen sich demzufolge beim Landratsamt anmelden, ihr Gewerbe grundsätzlich erlaubt werden, was vorher nicht der Fall war.
Das könnte Blümcke zufolge auch eine Bedeutung haben für die sogenannten Terminwohnungen in der Rosmarin- und der Klosterstraße, die nach alter Gesetzeslage Bestandschutz genossen hätten. Das Wort Wohnung suggeriert ja, dass dort Hausfrauen oder Studentinnen ein bisschen Geld nebenbei verdienen, aber dort ansonsten dauerhaft wohnen. Tatsächlich ist es aber nach SZ-Recherchen so, dass dort im stetigen Wechsel junge Frauen durchgeschleust werden, die von Stadt zu Stadt weitergereicht werden. Auf der Internetseite der „Venus-Girls“werden in der Rosmarinstraße „mehrere verführerische und heiße Liebesdamen im wöchentlichen Wechsel“angepriesen. „Das hat wenig mit Wohnen zu tun“, meint auch Blümcke. Die Stadt prüft, ob sie diese als Wohnungen getarnten Gewerbebetriebe schließen lassen kann. Auch, weil sich des öfteren Nachbarn beschweren über nächtlichen Lärm von betrunkenen Freiern.