Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mehr als ein Imbiss auf dem Jahrmarkt

Crêpes und Galettes schmecken süß mit Zucker oder herzhaft mit Schinken und Ei

- Von Katja Wallrafen

HAMBURG/OTTRAU (dpa) - Crêpes mit Nutella auf dem Jahrmarkt? Hervé Kerourédan mag nicht hinnehmen, dass viele Deutsche köstliche Crêpes allein als Schnellimb­iss auf der Kirmes und die herzhafte Variante Galettes so gut wie gar nicht wahrnehmen. Der Inhaber (Foto: oh) der Crêperie „Ti Breizh“in Hamburg macht seinen Gästen die Bretagne und ihre Köstlichke­iten in Form von dünnen Pfannküchl­ein schmackhaf­t.

In seinem Kochbuch erläutert er den Unterschie­d zwischen meist süßen Weizen-Crêpes und den Buchweizen­Crêpes, auch Galettes genannt. „Allerdings gibt es bei beiden Teigvarian­ten auch Rezepte für salzige Crêpes und süße Galettes“, sagt Kerourédan. Der Buchweizen ist eine Pflanzenga­ttung der Knöterichg­ewächse. „Die Bezeichnun­g Mehl ist ein wenig irreführen­d, denn Buchweizen wird aus dem Samen der Blüten gewonnen und ist im eigentlich­en Sinne gar kein Getreide“, erklärt Kerourédan weiter. Buchweizen ist glutenfrei und deshalb auch für Allergiker geeignet.

Die Französin Aurélie Bastian (Foto: Xing) kam der Liebe wegen nach Deutschlan­d, betreibt einen Foodblog und kocht vor Fernsehkam­eras. „Crêpes sind sehr unkomplizi­erte Klassiker“, meint Aurélie Bastian. Außerdem seien der Fantasie bei der Zubereitun­g keine Grenzen gesetzt. „Crêpes begleiten uns Franzosen durchs Leben. Es ist ein Kindergeri­cht, eine Hauptmahlz­eit in Studentent­agen, wenn gar nix mehr im Kühlschran­k ist, ein All-to-Go-Wunder.“ Ziegenkäse und Honig sorgen hier für eine Geschmacks­explosion. Verfeinert wird mit Zwiebelkon­fitüre.

Ihr sieben Jahre alter Sohn experiment­iert schon selbst am Herd und mit süßen Füllungen. „Er liebt sie klassisch, mit Marmelade und Zucker“, erzählt Aurélie Bastian. Für ihren Schokolade­ncrêpe nimmt sie eine ganz normale Tafel Schokolade. „Der Teig kommt in die Pfanne, wir raspeln Schokolade rein, einrollen und fertig.“Was ist ihr Geheimnis? „Ich nehme viel Milch und lasse den Teig etwas länger ruhen, dann ist er nicht so schwer.“

Im Westen der Bretagne ist der Buchweizen­teig traditione­ll etwas reichhalti­ger, da Milch und Eier verwendet werden. Im Osten besteht der Teig nur aus Buchweizen­mehl, Wasser und Salz, so Hervé Kerourédan: „Vegane Crêpes sind also kein aktueller Trend, sondern Tradition. Der aus Buchweizen hergestell­te Teig ersetzte in vielen Regionen das Brot. Da keine Hefe verwendet wird, bleibt das Gebäck selbst sehr flach.“Das erklärt auch die Herkunft des Wortes „Galettes“. Denn „Galet“ist das französisc­he Wort für flache Kieselstei­ne, die an bretonisch­en Stränden liegen.

Braucht man denn ein richtiges Crêpes-Eisen und einen Teigvertei­ler aus Holz, in der Fachsprach­e Rozell genannt? „Ich mache seit 20 Jahren Crêpes in der Pfanne, und diese reicht völlig aus“, sagt Bastian. So sieht es auch Ernährungs­beraterin Stephanie Euler. Sie gibt Kochkurse, in denen diese Frage oft gestellt wird. „Es ist Übungssach­e“, meint die Diätassist­entin. „Man kann auch mit einer Crêpes-Pfanne arbeiten, die ist sehr flach. Damit klappt das Wenden besser.“

Im Handel sind sogenannte Crêpes-Maker erhältlich, deren Qualität Kerourédan zufolge in der Regel gut ist. „Es geht aber natürlich auch ohne.“Wichtig sei, dass die Pfanne einen dicken Boden in der Größe der Herdplatte hat, damit der Boden gleichmäßi­g erhitzt wird. Der Profi fettet die Pfanne vor jedem Pfannküchl­ein leicht mit einer Speckschwa­rte, Schmalz, Margarine oder Öl. Dann gibt man etwas Teig hinein, lässt ihn ein bis zwei Minuten goldbraun werden und wendet ihn – am besten mit einem langen, flachen Wendemesse­r. Dann wird er noch einmal für etwa 30 Sekunden auf der anderen Seite gegart.

Manche Varianten erfordern, dass man die Zutaten auf den Teig legt, damit sie mitgaren können. Dafür ist es sinnvoll, wenn diese Zutaten fertig geschnitte­n bereitsteh­en. Eier, geriebener Käse, Schinken und flüssige, gesalzene Butter sind die Zutaten für diese urbretonis­che Galette Complète. Etwas aufwendige­r ist eine Variante aus Kerourédan­s Restaurant mit Ziegenkäse, Honig und Salat. „Dazu reichen wir Zwiebelkon­fitüre. Das sind rote Zwiebeln, die in Olivenöl, Créme de Cassis, Rotwein, Gewürznelk­e und Zimt eingekocht werden“, sagt der Gastronom. Entenbrust und Champignon­s, Thunfisch, Tomate, Foodblogge­rin Aurélie Bastian

„Crêpes begleiten uns Franzosen durchs Leben.“

Zwiebel und Paprika oder Chicorée, Käse, Parmaschin­ken, Roquefort-Soße und Walnüsse sind weitere Rezeptidee­n.

Ernährungs­beraterin StephanieE­uler empfiehlt einen Basisteig aus Dinkel- und Dinkelvoll­kornmehl. Sie rührt Tomatenmar­k oder Kräuter unter. Euler bereitet die Pfannküchl­ein ohne Fett zu, sie wischt die Pfanne nur leicht mit Raps- oder Sonnenblum­enöl aus. Für eine ihrer Lieblingsv­arianten bestreicht sie den Teig mit Frischkäse, salzt und pfeffert leicht, legt dann ein Blatt grünen Salat, eine dünne Scheibe gekochten Schinken, gewürfelte saure Gürkchen sowie klein geschnitte­ne Mangostück­chen hinein. „Dann wird er gerollt, einmal in der Mitte durchgesch­nitten und auf einem Salatblatt angerichte­t.“

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FOTO: SUSAN BROOKS-DAMMANN/WESTEND 61/DPA So kennen und lieben ihn die meisten: ein dünner Crêpe, gefüllt mit Banane und Schokocrem­e.
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FOTO: OH Crêpes aus Buchweizen werden Galettes genannt. Buchweizen ist kein Weizen; er wird vielmehr aus dem Samen einer Knöterich-Pflanzenar­t gewonnen.
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FOTOS (3): HEEL VERLAG/DPA Schön herzhaft schmecken Crêpes mit einer Füllung aus Chicoree und Walnüssen.
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Eier, geriebener Käse und Schinken sind die Zutaten für diese urbretonis­che Galette Complète.
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