Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Heimspiel im Adler für Oberdorfer Koch
Laurenc Kugel gehört zu den Schweizer Spitzenköchen
(wk) - „Laurenc kocht daheim“– die schlichte Ankündigung, mit Kreide auf schwarzer Tafel geschrieben, sollte an diesem Abend genügen und die Spannung hoch halten. Kein Hinweis auf die Menüfolge, die Gäste im Traditionsgasthof Adler in Oberdorf stimmten sich bei einem Glas Prosecco auf einen Abend voller kulinarischer Überraschungen ein. Laurenc Kugel kocht normalerweise „nicht daheim“. Der 27-jährige Oberdorfer zählt zu den Spitzenköchen in der Schweiz und kochte sich erst kürzlich bei den Schweizer Kochkunstmeisterschaften „Der goldene Koch 2017“in Bern unter 500 Bewerbern auf den vierten Platz.
Im Gasthof Hirsch in Goppertsweiler hat er bei Artur Frick-Renz gelernt. Nach Stationen in Frankfurt, Bayerischer Hof in München und in Flims steht er als Junior Sous Chef seit zwei Jahren am Herd des SterneRestaurants Schloss Binningen bei Basel. Laurenc Kugel hatte sich zum Heimspiel gemeinsam mit Vater und Adlerwirt Christoph, Adlerwirtin Birgit und den Brüdern Gabriel und Christof eine raffinierte Menüfolge ausgedacht. Auch da folgte er dem Trend, der in der modernen Küche angesagt ist: „sharing kitchen“, alles wird, fein dekoriert, zusammen serviert. Die Tischgemeinschaft darf alles probieren: Fingerfood vom Feinsten und doch in der Heimat verwurzelt: Butter und Griebenschmalz, hausgebackenes Schwarzbrot, Kalbskopf auf Zitronenmayo, Kichererbsenlollis, saure Birne mit Erbsenpüree – alles präzise angerichtet auf Steinen vom Argen-Ufer, auf Eichenbrettern oder an Nussbaumzweigen, die der Koch persönlich ausgesucht hat.
Großes Kino: Kochen/Servieren
Die pure Freude am Kochen und Liebe zum Detail ist bei Laurenc Kugel Programm – Kochen und Servieren sozusagen als großes Kino. Jeder weitere Gang ist ein besonderer Genuss, ob nun rustikaler Ochsenmaulsalat, Saibling mit Gurke und Dill, Rote Beete Quark Variation als Vorspeise oder Forelle, fein zerlegt und filetiert, Selleriepüree und Minikrautkrapfen (eine Hommage an die Krautkrapfen seines Vaters) als Zwischengang – die Grundprodukte sind oft bodenständig und regional, aber Laurenc Kugel macht aus Basisprodukten ein Gourmet-Erlebnis.
Das gemeinsame Essen ist kreativer und kommunikativer Austausch der Tischgemeinschaft, gleichzeitig freuen sich alle schon auf den Hauptgang mit Kalbsbäckchen, Karottenpüree, verlorenes Ei, fein gewürzter Schweinebauch und Spitzkohlsalat. Zum Dessert reicht der kreative Koch klassischen Käse- und Apfelkuchen, aber erneut kommt ein kreatives Gesamtkunstwerk auf den Tisch.
Es bleibt auch beim Finale bei „sharing kitchen“: Die Gäste müssen den Nachtisch – ob sie nun wollen oder nicht – schweren Herzens in Eigenregie zu sechs gleichen Teilen aufteilen. „Laurenc kocht daheim“– da sind sich alle einig: gerne wieder.