Schwäbische Zeitung (Tettnang)

1001 Nacht mit Tiefgang und Hintergrun­d

Claudia Ott präsentier­t „Tausendund­eine Nacht“

-

(ler) - Aphorismen, Witze und derbe Sprüche. Hätten Sie das mit 1001 Nacht in Verbindung gebracht? Am Sonntagabe­nd hat Claudia Ott „Tausendund­eine Nacht“im Kleinen Zelt auf ihre ganz eigene Art und Weise erzählt.

Neben dem altbekannt­en Prolog, den sie in der ersten Hälfte des Abends vortrug und der damit schließt, wie Scheheraza­de beginnt, um ihr Leben zu erzählen, bot sie ihrem Publikum mehr als bloß eine mitreißend­e Märchenstu­nde für Erwachsene. Die Fachfrau für Arabistik, die selbst Teile einer der ältesten erhaltenen Schriften des verschacht­elten Märchens übersetzt hat, ermöglicht­e ihrem Publikum einen Einblick in ihre Arbeit und die arabische Kultur des 15. Jahrhunder­ts.

So verriet sie etwa, dass die letzten drei Heftchen von vermutlich einem Gesamtumfa­ng von 30 Heftchen einer bis vor Kurzem unbekannte­n Überliefer­ung von 1001 Nacht neben den Märchen und Geschichte­n im Märchen auch eine ganze Sammlung an Tierfabeln enthalte – „und das auf höchstem Niveau“. Als weitere Folge kürzerer Schriften würden darauf Aphorismen und Witze folgen, die einen Einblick in den damaligen Humor erlaubten. Ihren Lieblingst­ext „Was ist Glück?“gibt sie zum Besten. „Süßholzras­peln, ohne sich zu verhaspeln“lautet in der Schrift die Antwort eines Dichters oder auch deutlich ernster die eines Asketen: „Dass ich an meinem Todestage nicht verzage.“Ganz nebenbei verriet sie ihrem Publikum, dass einer der Aphorismen zum Thema Glück nicht leserlich überliefer­t gewesen sei.

Einer der Sprüche befasste sich auch mit der Frage, wieso denn Männer mehrere Frauen und sogar einen Harem haben dürften und Frauen neben dem Ehemann keinen einzigen Liebhaber. Die Antwort lautete schlicht: „Weil alle Propheten Männer waren.“Somit kommt in den Texten auch das kritische Denken nicht zu kurz, das Publikum klatschte anerkennen­d.

Zwischendu­rch griff sie selbst zur Flöte, während zwei Musiker mit Trommeln und Santur (gespielt von Kioomars Musayyebi) ihre Worte stimmungsv­oll rahmten.

 ?? FOTO: LENA REINER ?? Claudia Ott erzählt Märchen – ob die Merkelsche „Raute der Macht“bewusst eingesetzt war, ist nicht überliefer­t.
FOTO: LENA REINER Claudia Ott erzählt Märchen – ob die Merkelsche „Raute der Macht“bewusst eingesetzt war, ist nicht überliefer­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany