Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Religiöse Arbeiten der „Lände-Urgesteine“
Sommerausstellung „Im Dialog“in der Lände zeigt Werke aus der eigenen Sammlung
- Es ist zur guten Tradition geworden, dass die Lände in Kressbronn, eine der wenigen Galerien im Bodenseekreis, die seit Jahrzehnten über die Kreisgrenzen hinaus bekannt ist, den Sommer über eine Ausstellung aus eigenen Beständen zeigt. So ist es jedes Jahr spannend, unter welchem Thema die Kulturgemeinschaft, allen voran Peter Keller, die Werke der „Kressbronner Urgesteine“Berthold Müller-Oerlinghausen, Leo Schobinger, Hilde Broër und Marta Hoepffner ausgewählt hat. „Diese Sommerausstellung ist den religiösen Bildfindungen der ‚Lände-Urgesteine’ gewidmet“, erklärt Peter Keller. Ergänzt wird sie durch Leihgaben aus dem Diözesanmuseum Rottenburg.
Im Vorraum des Erdgeschosses hängen auf beiden Seiten Fotografien von Werner Stuhler, der in der KRESSBRONN letzten Ausstellung hier ausgestellt war, und Albert Zapf zu Arbeiten im öffentlichen Raum: links Plastiken von Berthold Müller-Oerlinghausen, rechts der Tettnanger Marienbrunnen von Hilde Broër.
Hilde Broër, am Christlichen orientiert, arbeitete seit den 60er-Jahren, nachdem die großen kirchlichen Auftragsarbeiten abgeschlossen waren, am Relief, speziell der Medaille. Starke Vergrößerungen zeigen die faszinierend filigrane Arbeitsweise der von hoher Sensibilität geprägten Künstlerin. Vitrinen zeigen Originalmedaillen und Reliefs: Madonnen mit Kind und Themen wie die Bergpredigt, Jonas oder Hiob.
Schon Anfang der 30er-Jahre hat sich Berthold Müller-Oerlinghausen von der Bindung an kirchliche Auftragskunst gelöst und sich den menschlichen Aspekten der biblischen Heilsgestalten zugewandt – Themen wie Angst und Staunen, Schuld und Sühne oder Erbarmen, Liebe und Leidenschaft. Unverkennbar ist der starke Einfluss des Bildhauers Ernst Barlach, und doch hat Berthold Müller-Oerlinghausen seine eigene überzeugende Bildsprache gefunden. Welche Wucht steckt beispielsweise in der Plastik „Lot und seine Töchter“von 1931. Von 1935 stammt die Messing-Treibarbeit „Madonna auf der Flucht aus Europa“: eine Madonna, die zwar noch einmal zurückblickt, aber ihren neuen Weg schon beschreitet. Und wie intensiv wendet sich der sich noch nicht offenbarende Christus auf dem Emmaus-Gang seinem Begleiter zu.
Berthold Müller-Oerlinghausen gelang es, das Menschliche in ganzer Intensität auszudrücken. Großformatige Gemälde von Leo Schobinger stehen im Dialog mit Berthold Müller-Oerlinghausen. Eine Kreuzigung lässt an die Formensprache der Romanik denken, gesehen aus der Sicht des Expressionismus. Im Obergeschoss sind Arbeiten der international bekannten Fotokünstlerin Marta Hoepffner und ihrer ehemaligen Meisterschülerin und späteren Teilhaberin und Lebensgefährtin Irm Schoffers ausgestellt. In der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigte Marta Hopffner sich mit Solarisationen, Relieffotografien und Negativbildern, nach dem Krieg führte sie die Experimente mit kameralosen Fotografien und abstrakten Arbeiten fort. Seit Mitte der 60er-Jahre überschritt sie mit variochromatischen Lichtobjekten die Grenzen der Fotografie. Irm Schoffers entwickelte das experimentelle Lichtbild weiter zur irrationalen Fotografik.