Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Lehrangebot zum Anfassen
Hermann Locher ist jetzt Honorarprofessor – In München zeigt er Studenten manuelle Diagnostik und Therapie
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TETTNANG - Hermann Locher ist seit Anfang August Honorarprofessor an der Technischen Universität (TU) München. Für die Patienten bleibe alles gleich, sagt Locher: „Es gibt keine Änderung meiner Tätigkeit in der Praxis.“Den Lehrauftrag in München nimmt der Tettnanger bereits seit 2011 wahr; der Karrieresprung soll einerseits Anerkennung für ihn, andererseits auch Werbung für das Lehrangebot sein.
Schließlich geht die TU damit über die Standardausbildung von Ärzten hinaus. In Gesprächen mit Lehrenden vor Ort sei, so Locher, immer wieder Thema gewesen, dass der Bereich der manuellen Diagnostik und Behandlung in der Ausbildung von Ärzten durchaus einen stärkeren Stellenwert einnehmen solle. Sprich: Wenn der Arzt den Patienten berührt, kann er Veränderungen und Erkrankungen anders wahrnehmen und behandeln.
Genau das zeigt Hermann Locher angehenden Ärzten in München. Die moderne Bildgebung zeige sehr viel, sagt Locher: „Aber das ist nicht ausreichend. Sie kann nicht die Eigenschaft des Gewebes, die Funktion der Gelenke oder die Koordination in den Bewegungsorganen wiedergeben.“Hier spiele die Hand des Untersuchers eine große Rolle.
Als Beispiel nennt Locher Rückenschmerzen: In der Bildgebung könne dem Arzt möglicherweise ein Problem mit der Bandscheibe auffal- len. Dieses sei aber vielleicht gar nicht die Ursache für die Schmerzen, eine Operation zeige möglicherweise keine Wirkung. Fühle der Arzt hingegen an dieser Stelle eine Erwärmung, könne die Diagnose eine ganz andere sein, etwa eine Entzündung, die mit Medikamenten erfolgreich behandelt werden könnte.
Auch sei das Berühren des Patienten wichtig, weil es zu einer anderen Verbindung zwischen Arzt und Patient führe. Locher: „Die Menschen trauen den Händen des Arztes so viel zu wie der Technik.“Durch die Berührung übernehme der Arzt auch eine ganz andere Verantwortung für den Patienten.
Es gebe drei Bereiche, sagt Locher, die einen Arzt ausmachten: Wissen, Fähigkeit und seine Einstellung. Um diese im Lauf eines Arztlebens immer weiter auszubilden, sei Zuhören und Anfassen wichtig. Zumal die manuelle Diagnostik und Therapie risikofrei sei, wenn sie den Regeln der Deutschen Gesellschaft für manuelle Medizin folge.
Die Kurse sind mit etwa 20 Studenten immer gut belegt, an zwei Vormittagen hält Hermann Locher dann noch die orthopädische Hauptvorlesung. Eine Ehre, wie er betont – trotz jahrelangem Wirken in der Weiterbildung von Ärzten, zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen und der Funktion als Herausgeber und Mitherausgeber von Standardwerken der Orthopädie.