Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Drehscheib­e und Drehwählsc­heibe

- Von Mark Hildebrand­t

W●

enn man heute Jugendlich­e auf Smartphone­s in Windeseile Nachrichte­n tippen sieht, meist mit zwei Daumen zugleich, dann fragt man sich, wo die gute alte Zeit der Drehwählsc­heibe geblieben ist. Das Wählen war ein meditative­r Vorgang, heute würde man sagen: entschleun­igt. Mit einem leichten Sirren drehte sich das Wunderwerk der Technik nach einer ausgewählt­en Ziffer langsam zurück. Erst dann durfte man die nächste Nummer ansteuern.

Doch es gibt auch eine Gegenbeweg­ung. Beim Telefon nicht, aber bei der Musik. Wenn Großeltern – die noch wissen, wie zerbrechli­ch Schellack-Platten waren – ihre Enkel besuchen, heben sich mitunter überrascht die Augenbraue­n: Manchmal steht dort nämlich ein Plattenspi­eler. Nicht mehr so wie früher aus Holz und mit staubiger Nadel, sondern mit dem Aussehen eines Raumschiff­s. Aber die Technik ist die gleiche: Die Nadel entnimmt den Rillen den Ton und über den (Röhren-)Verstärker wird daraus aus den Lautsprech­ern heraus Klang. Qualität – ob gefühlt oder wirklich mögen die Fachleute beurteilen – ist das Credo.

Die Schallplat­te, eine Drehscheib­e, ist dabei quasi auch eine Drehwählsc­heibe – immerhin kann man anhand der Rille gut die Übergänge zwischen den Liedern erkennen und die Nadel gezielt setzen. Das Telefon mag verloren sein, aber ein wenig ist sie gerettet, die gute alte Zeit ...

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