Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Drehscheibe und Drehwählscheibe
W●
enn man heute Jugendliche auf Smartphones in Windeseile Nachrichten tippen sieht, meist mit zwei Daumen zugleich, dann fragt man sich, wo die gute alte Zeit der Drehwählscheibe geblieben ist. Das Wählen war ein meditativer Vorgang, heute würde man sagen: entschleunigt. Mit einem leichten Sirren drehte sich das Wunderwerk der Technik nach einer ausgewählten Ziffer langsam zurück. Erst dann durfte man die nächste Nummer ansteuern.
Doch es gibt auch eine Gegenbewegung. Beim Telefon nicht, aber bei der Musik. Wenn Großeltern – die noch wissen, wie zerbrechlich Schellack-Platten waren – ihre Enkel besuchen, heben sich mitunter überrascht die Augenbrauen: Manchmal steht dort nämlich ein Plattenspieler. Nicht mehr so wie früher aus Holz und mit staubiger Nadel, sondern mit dem Aussehen eines Raumschiffs. Aber die Technik ist die gleiche: Die Nadel entnimmt den Rillen den Ton und über den (Röhren-)Verstärker wird daraus aus den Lautsprechern heraus Klang. Qualität – ob gefühlt oder wirklich mögen die Fachleute beurteilen – ist das Credo.
Die Schallplatte, eine Drehscheibe, ist dabei quasi auch eine Drehwählscheibe – immerhin kann man anhand der Rille gut die Übergänge zwischen den Liedern erkennen und die Nadel gezielt setzen. Das Telefon mag verloren sein, aber ein wenig ist sie gerettet, die gute alte Zeit ...