Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wahlkämpfer auf Motoreninspektion
Außenminister Gabriel besucht RRPS – SPD-Politiker lässt sich Gas-Aggregate erläutern
FRIEDRICHSHAFEN - Prüfstand im Werk eins: Die Besonderheit des Motors, den sich Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag beim Friedrichshafener Motorenbauer Rolls-Royce Power Systems (RRPS) angeschaut hat, ist die Tatsache, dass die Empore oberhalb des Aggregats leer ist. Dort, so erläutert Ingenieur Daniel Chatterjee, würde bei einem Dieselmotor die Anlage stehen, mit der die Abgase gereinigt werden. Bei einem modernen Gasmotor, den RRPS im 2016 begonnenen Greenund Hightech-Programm entwickelt, ist das nicht nötig.
„Dieses Programm eröffnet weitere Perspektiven für die deutsche Industrie. Damit hat das Unternehmen eine Initiative ergriffen, die ich gerne unterstütze“, sagte Gabriel bei seinem Besuch bei der MTU Friedrichshafen, die seit 2014 vollständig zum Rolls-Royce-Konzern gehört. Auch wenn klar ist, dass man bei Schiffen und Zügen, bei Motoren für die Stromerzeugung und für Minenkipper, Bagger und Mähdrescher auch langfristig nicht auf Verbrennungsmotoren verzichten kann, will RRPS nach Angaben Chatterjees bei seinen die Emissionen so weit als möglich verringern.
Das Konzept sieht vor, die in die Luft abgegebenen Abgase zu säubern, alternative Brennstoffe zu nutzen und durch eine Teilelektrifizierung die Motoren als Hybridversionen auf dem Markt zu bringen. „Wenn man das alles geschickt kombiniert, kann man auch bei leistungsfähigen Motoren die Emissionen um bis zu 30 Prozent senken“, erklärt Chatterjee. Der Motor, den sich Gabriel nun in Friedrichshafen in der Werkhalle am Maybachplatz 1 angeschaut hat, sei ein erster Schritt auf diesem Weg.
Auslieferung ab 2018
Von 2018 an liefert Rolls-Royce Power Systems die ersten zertifizierten Serien-Gasmotoren für die Schifffahrt aus. Bereits Ende des Jahres baut nach Unternehmensangaben die Werft Strategic Marine in Vietnam die ersten Vorserienmotoren in Katamarane für die niederländische Reederei Doeksen ein. Die Schiffe sollen, so der Plan, von Frühjahr 2018 an im Naturschutzpark Wattenmeer vor der holländischen Küste unterwegs sein. Auch auf dem Bodensee wird nach Angaben von RRPS von 2019 eine Fähre mit den Gasmotoren aus Friedrichshafen fahren – und zwar zwischen Meersburg und Konstanz.
Da das Traditionsunternehmen mehr als 90 Prozent seines Umsatz im Ausland erwirtschaftet, sprach RRPS-Chef Andreas Schell den Außenminister auch auf die zunehmende Spannungen im Welthandel an. „Sorgen bereitet uns der zunehmende Protektionismus einiger Länder“, sagte Schell. „Ich habe Sigmar Gabriel darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass diese Entwicklung nicht Überhand nimmt.“
RRPS beschäftigt rund 10 000 Mitarbeiter – davon etwa 6000 am Standort Friedrichshafen – und kam 2016 auf einen Umsatz von 3,249 Milliarden Euro. Das war ein Prozent weniger als im Vorjahr. Unter der Marke MTU vertreibt das Unternehmen schnelllaufende Motoren und Antriebssysteme und erwirtschaftete einen Gewinn von 234 Millionen Euro, der 14 Prozent unter dem Vorjahr lag.
Auch im Hinblick auf diese Zahlen setzt RRPS auf das Green- und Hightech-Programm, das sagt jedenfalls Ingenieur Daniel Chatterjee. „Die Produkte aus diesem Programm entwickeln den Dieselmotor weiter, das machen wir aus Gründen der Nachhaltigkeit, aber natürlich auch für unsere Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Chatterjee. Die Hoffnung ist klar: Irgendwann werden nicht nur Kunden im Wattenmeer und auf dem Bodensee umweltverträglichere Schiffsmotoren brauchen.