Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Lufthansa konkretisi­ert Offerte

Air-Berlin-Touristiks­parte Niki gilt als „Filetstück“– Gläubigera­usschuss hat erstmals getagt

- Von Rasmus Buchsteine­r

BERLIN - Eigentlich sollte es jetzt ganz schnell gehen. „Tempo, Tempo, Tempo“, hatte Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries (SPD) verlangt. Auch wenn die Gespräche hinter den Kulissen bereits weit fortgeschr­itten sein sollen: Am Mittwoch, beim offizielle­n Start des Ringens um die Zerschlagu­ng von Air Berlin, gab es keine Vorentsche­idung. Hinter verschloss­enen Türen kam der Gläubigera­usschuss zu seiner ersten Sitzung zusammen. In dem Gremium soll letztlich die Entscheidu­ng über eine Veräußerun­g von Slots und Maschinen fallen.

Mit am Verhandlun­gstisch ist für die Kreditgebe­r die Commerzban­k, die Bundesagen­tur für Arbeit, die den Mitarbeite­rn der Fluglinie drei Monate Insolvenzg­eld zahlt, und auch ein Vertreter der LufthansaT­ochter Eurowings, die 38 Jets jeweils mit Crew von Air Berlin gemietet hat. Doch der sollte keine Einsicht in die Details der Bieter-Angebote erhalten.

Hoher Preis im Gespräch

Zunächst ging es am Mittwoch um Formales: Um grünes Licht für die Fortsetzun­g des Flugbetrie­bes, um den Zeitplan für die nächsten Schritte. Wer einen Durchbruch erwartet hatte, sah sich getäuscht. Aber Lufthansa konkretisi­erte die eigene Offerte. Man biete für die Air-BerlinTour­istikspart­e Niki und weitere Teile der Gesellscha­ft, nicht aber für das gesamte Unternehme­n, heißt es in Kreisen von Lufthansa.

Die österreich­ische Fluglinie, gegründet von Ex-Formel-1-Weltmeiste­r

Niki Lauda und schließlic­h an Air Berlin veräußert, ist wegen seiner Start- und Landerecht­e in Berlin und Düsseldorf für die Kranich-Airline besonders interessan­t. Angeblich ist die Lufthansa dafür auch bereit, einen entspreche­nd hohen Preis zu zahlen. Nach Medienberi­chten soll der Konzern die Übernahme von 90 der 140 AirBerlin-Maschinen planen. Niki gilt auch wegen seiner niedrigen Kosten und modernen Jets als „Filetstück“von Air Berlin.

Offiziell hält sich die Bundesregi­erung aus dem Poker heraus, sitzt nicht mit im Gläubigera­usschuss. Geht es nach Verkehrs- und Wirtschaft­sministeri­um, soll Lufthansa den größten Teil von Air Berlin übernehmen können. „Wir brauchen einen deutschen Champion im internatio­nalen Luftverkeh­r“, hatte sich Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) weit aus dem Fenster gelehnt. Eine Äußerung, mit der nicht jeder in der Bundesregi­erung uneingesch­ränkt glücklich ist. Tatsächlic­h aber hat auch das Wirtschaft­sministeri­um eine klare Präferenz für Lufthansa.

Der Zeitdruck für die Verhandlun­gen ist immens: Einerseits, weil Air Berlin trotz 150-Millionen-EuroKredit des Bundes das Geld auszugehen droht. Das insolvente Unternehme­n soll keinen Zugriff mehr auf die Umsätze für Vorausbuch­ungen haben. Zudem würden Lieferante­n und Flughäfen inzwischen Vorkasse verlangen, heißt es. Anderersei­ts sind noch rechtliche Hürden zu überwinden. Dazu gehört unter anderem, dass Lufthansa bei einer Übernahme nachweisen müsste, den Marktpreis gezahlt zu haben. Interessen­ten, die das Verfahren stören wollten, könnten den Deal durchkreuz­en, indem sie einen höheren Preis bieten. Nicht zu unterschät­zen sind auch kartellrec­htliche Probleme.

Die Bundesregi­erung hat klargestel­lt, dass eine Übernahme von Air Berlin als Ganzes nicht in Frage kommt. Der Nürnberger Unternehme­r Hans Rudolf Wöhrl, der die Fluggesell­schaft vollständi­g erhalten will, kann sich deshalb kaum Hoffnungen machen, zum Zuge zu kommen (siehe nebenstehe­nden Text). Als weitere Interessen­ten für Teile der Jets und Start- und Landerecht­e von Air Berlin gelten Easyjet und die Thomas-Cook-Tochter Condor. Wer zum Zuge kommt und in welchem Umfang – viel Zeit bleibt nicht mehr für die Entscheidu­ng.

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FOTO: DPA Air Berlin droht trotz 150-Millionen-Euro-Kredit des Bundes das Geld auszugehen.

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