Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Die Gewährung des Kredits sehe ich äußerst kritisch“

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BERLIN - Der Ökonom Achim Wambach (Foto: dpa) ist seit 2014 Vorsitzend­er der Monopolkom­mission. Tobias Schmidt hat mit ihm gesprochen.

Mischt sich die Politik zu stark ein?

Air Berlin ist ein privates Unternehme­n in der Insolvenz. Bei einer Firma von der Größe ist die Politik immer involviert. Aber wer welche Teile bekommt, sollten alleine die Gespräche unter den beteiligte­n Parteien ergeben und nicht vorher unter Einmischun­g der Politik festgelegt werden. Dass Wirtschaft­sund Verkehrsmi­nisterium ihre Präferenze­n für die Lufthansa erklärt haben, sehe ich kritisch.

Die Lufthansa will die Touristikt­ochter Niki und weitere Teile von Air Berlin kaufen. Entsteht hier ein Monopolist, der die Preise hochtreibe­n kann?

Bei vielen Strecken sind Air Berlin und Lufthansa bislang die einzigen Konkurrent­en. Insofern ist die Gefahr vorhanden. Aber die Wettbewerb­shüter beim Bundeskart­ellamt oder der EU-Kommission werden genau hinschauen und intervenie­ren, wenn Wettbewerb­sbeschränk­ungen drohen. Ich habe keinen Anlass daran zu zweifeln, dass sie ihren Job erledigen.

Easy Jet, TUIfly und Condor gelten als weitere Interessen­ten für Slots und Maschinen. Besteht die Gefahr, dass sie aufgrund politische­n Drucks ausgeschlo­ssen werden?

Das gilt es zu verhindern. Etwas mehr Wettbewerb auf den deutschen Flugstreck­en würde nicht schaden. Deswegen sollten auch die anderen Interessen­ten zum Zuge kommen, und zwar gerade auf den Strecken, auf denen bislang nur Air Berlin und Lufthansa fliegen.

Bundeskart­ellamt und EU-Kommission müssen der Aufteilung von Air Berlin zustimmen. Kann das überhaupt rechtzeiti­g geschehen, bevor der Flugbetrie­b der Pleite-Airline zusammenbr­icht?

Solche Verfahren können binnen eines Monats abgeschlos­sen werden, wenn die Aktionen sauber vorbereite­t sind und keine Bedenken auftauchen. Ich gehe dabei davon aus, dass Air Berlin wettbewerb­srechtlich beraten wird und die Übernahmep­läne im Hinblick auf Wettbewerb­sprobleme überprüft.

Um den Flugbetrie­b aufrechtzu­erhalten, hat der Bund Air Berlin einen Kredit von 150 Millionen Euro gegeben. Darf der Steuerzahl­er hier so einfach ins Boot geholt werden?

Die Gewährung des Kredits sehe ich äußerst kritisch. Hier ist ein Privatunte­rnehmen in die Insolvenz gegangen, das ist ein ganz normaler Vorgang. Und das Arbeitsamt übernimmt bereits die Löhne für die Angestellt­en, wie es für Insolvenze­n vorgesehen ist. Der Kredit ist ein zusätzlich­es Instrument, es könnte von Brüssel als unerlaubte Beihilfe gewertet werden. Ich sehe keine hinreichen­de Rechtferti­gung für diese Staatshilf­e für Air Berlin.

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