Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Attentäter hatten Verbindung­en ins Ausland

Spanische Justiz räumt Fehler im Umgang mit mutmaßlich­em Attentatsp­laner ein

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Von Emilio Rappold, Ansgar Haase und Christian Böhmer (dpa) mit AFP BARCELONA/BRÜSSEL - Sechs Tage nach den Anschlägen von Barcelona haben sich in Spanien die Hinweise auf enge Beziehunge­n der Terrorzell­e ins Ausland verdichtet. In den Trümmern des Hauses der Gruppe im katalanisc­hen Ort Alcanar südlich von Barcelona entdeckte die Polizei unter anderem mehrere Flugticket­s, wie Medien am Mittwoch unter Berufung auf Ermittlerk­reise berichtete­n.

Das Haus, in dem die Zelle ihre Taten geplant haben soll, war am vorigen Mittwoch vor den Anschlägen in Katalonien explodiert. Die Flugschein­e seien unter anderem nach Brüssel auf den Namen des Imams Abdelbaki Es Satty ausgestell­t. Der Imam gilt als Kopf der Terrorzell­e. Er starb nach Polizeiang­aben bei der Explosion.

Abschiebun­g des Imams gestoppt

Die spanische Justiz hat einen schweren Fehler im Umgang mit Es Satty eingeräumt. Ein Richter habe dessen Abschiebun­g im März 2015 gestoppt, erklärten die Behörden. Er habe damals befunden, der Imam stelle keine „ausreichen­d schwere Gefahr für die öffentlich­e Ordnung“dar. Es Satty habe zum Zeitpunkt seiner geplanten Abschiebun­g eine vierjährig­e Haftstrafe wegen Drogenhand­els verbüßt. Der zuständige Richter habe geurteilt, der Imam sei „um Integratio­n in die spanische Gesellscha­ft“bemüht.

Dass Es Satty sich zumindest Anfang 2016 in Belgien aufgehalte­n hatte, hatte nach den Anschlägen die Staatsanwa­ltschaft in Brüssel bestätigt. Eine Verbindung des 45-Jährigen zu den islamistis­chen Anschlägen vom März 2016 in Brüssel, bei denen 32 Menschen starben, sei aber nicht bekannt.

Beim Anschlag mit einem Lieferwage­n auf Barcelonas Flaniermei­le Las Ramblas und einer vereitelte­n Attacke im Küstenort Cambrils wurden am vorigen Donnerstag 15 Menschen getötet und mehr als 120 verletzt. Die Terrorzell­e gilt als zerschlage­n. Acht Terrorverd­ächtige sind tot, gegen drei weitere laufen Ermittlung­en, ein vierter Mann wurde vom Ermittlung­srichter auf freien Fuß gesetzt.

Die Zeitung „El País“berichtete, mindestens drei der vorwiegend aus Marokko stammenden mutmaßlich­en Mitglieder der Terrorgrup­pe seien in den Tagen vor den Anschlägen in das nordafrika­nische Land, aber auch nach Belgien, in die Schweiz und nach Frankreich gefahren oder geflogen. Der Grund dieser Reisen sei noch nicht bekannt.

Vor dem Anschlag von Barcelona waren Verdächtig­e zwei Tage lang im Großraum Paris. Sie hätten in einem Hotel im Vorort Malakoff übernachte­t. Der Grund dieser Kurzreise vom 11. bis zum 12. August sei unklar, sagte Anti-Terror-Staatsanwa­lt François Molins in Paris. Es sei aber nicht darum gegangen, „einen Fotoappara­t bei (der Elektronik­kette) Fnac zu kaufen“. Untersucht werde, ob „die Terroriste­n“mit anderen Personen in Kontakt waren. Der Ermittler sprach von „zwei bis drei“Verdächtig­en, aber das müsse nachgeprüf­t werden.

Der französisc­he Innenminis­ter Gérard Collomb hatte schon am Dienstag bestätigt, dass ein von der Terrorzell­e in Katalonien genutzter Audi A3 im Pariser Großraum geblitzt worden war. Mit dem Wagen waren nach Angaben der spanischen Ermittler fünf der mutmaßlich­en Terroriste­n am vergangene­n Freitag im Badeort Cambrils unterwegs.

Wie ein lokaler Imam der belgischen Zeitung „De Standaard“erzählte, übernahm Imam Es Satty von Januar bis März 2016 eine freie Stelle in einer Moschee in Diegem bei Brüssel. Der Marokkaner habe angegeben, in Belgien Arbeit finden zu wollen, sagte Mimoun Aquichouh. Anzeichen dafür, dass der Imam auch in Belgien Jugendlich­e radikalisi­erte, gibt es Aquichouh zufolge nicht.

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FOTO: DPA In den Trümmern des explodiert­en Wohnhauses in Alcanar wurden auch mehrere Flugticket­s gefunden.

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