Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bundesbank holt ihren Goldschatz zurück

91 Tonnen Gold wurden in diesem Jahr von Paris nach Frankfurt transporti­ert

- Von Jörn Bender und Friederike Marx

FRANKFURT (dpa) - Hunderte Goldbarren hat die Bundesbank seit 2013 nach Deutschlan­d gebracht. Drei Jahre früher als geplant lagert nun gut die Hälfte des legendären Schatzes in Frankfurte­r Tresoren. Der Rest soll im Ausland bleiben – die Bundesbank sieht dafür gute Gründe.

Hier ist wirklich alles Gold, was glänzt: Vor laufenden Kameras präsentier­t die Bundesbank in ihrer Zentrale Barren zum Anfassen – etwa so groß wie eine Milchtüte, aber mit rund 12,5 Kilogramm so schwer, dass man sie kaum heben kann.

Wichtigste Botschaft der Zentralban­k: Die deutschen Goldreserv­en sind echt und tatsächlic­h vorhanden. „Wir haben jeden Barren auf Echtheit und Gewicht geprüft. Es gab keine Beanstandu­ngen“, sagt Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele. Rund drei Jahre früher als geplant hat die Notenbank ihr Ziel erreicht und verwahrt nun gut die Hälfte der 3378 Tonnen in eigenen Tresoren auf ihrem Gelände in Frankfurt.

Jahrelang rankten sich Verschwöru­ngstheorie­n um den mit rund 270 000 Barren zweitgrößt­en Goldschatz der Welt, der aus historisch­en Gründen zum größten Teil im Ausland lagerte. „Wo ist das Gold der Deutschen?“– mit seiner provokante­n Frage in der „Süddeutsch­en Zeitung“ traf CSU-Urgestein Peter Gauweiler im Mai 2012 einen Nerv.

Ist der Milliarden­schatz im Ausland sicher? Ist das Gold überhaupt vorhanden? Noch nie – so monierte der Bundesrech­nungshof im Herbst 2012 – habe die Bundesbank die deutschen Goldreserv­en jenseits der Landesgren­zen „körperlich aufgenomme­n und auf Echtheit und Gewicht“geprüft. „Holt unser Gold heim!“, forderte eine Initiative.

Seit 2013 brachte die Bundesbank Jahr für Jahr Hunderte Barren auf streng geheimen Wegen über den Atlantik und den Rhein nach Deutschlan­d – aus den Tresoren der US-Notenbank Fed in New York und der Banque de France in Paris. Dass das Gold, welches dem deutschen Staat gehört und von der Bundesbank verwaltet wird, über Jahrzehnte fast komplett im Ausland aufbewahrt wurde, hat eine Vorgeschic­hte: Ab Mitte 1951 baute die Bank deutscher Länder als Vorgängeri­n der Bundesbank erste Goldreserv­en auf. In den Wirtschaft­swunderjah­ren nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der deutsche Goldschatz rasant. Der florierend­e Export brachte der Bundesrepu­blik viele Dollar ein, die bei der US-Zentralban­k gegen Goldforder­ungen eingetausc­ht wurden.

Teil des Schatzes bleibt in London

Während des Kalten Krieges war es gewollt, deutsches Gold „westlich des Rheins“und weit außerhalb der Landesgren­zen zu verwahren – als möglichen Puffer für Währungskr­isen. Nach der Deutschen Einheit habe sich die „geopolitis­che Situation“weiter normalisie­rt, Deutschlan­ds Lage sei „viel sicherer“geworden, begründete Thiele die Verlagerun­g des Edelmetall­s. Und die Bundesbank setzt auf Transparen­z: Auf 2400 Seiten listet sie seit Ende 2015 öffentlich einsehbar jeden einzelnen Barren auf. Um letzte Zweifler zu überzeugen, präsentier­t die Bundesbank immer mal wieder Gold zum Anfassen. In ihrem Geldmuseum in Frankfurt ist ein Goldbarren eine der Hauptattra­ktionen.

Ideen, wie man den legendären Schatz „versilbern“könnte, hatten Politiker immer wieder: Ab in die Rentenkass­e oder als Mittel zur Finanzieru­ng der Hilfen für die Opfer des Elbe-Hochwasser­s 2002. Für Schlagzeil­en sorgte 1997 der damalige Bundesfina­nzminister Theo Waigel (CSU) mit seiner „Operation Goldfinger“: Deutschlan­ds oberster Kassenwart wollte die Bundesbank dazu bringen, ihre Gold- und Devisenres­erven höher zu bewerten und daraus resultiere­nde Gewinne an den Bund auszuschüt­ten.

Doch alle Begehrlich­keiten blieben erfolglos. Etwa vier Tonnen Gold pro Jahr bekommt der amtierende Bundesfina­nzminister zum Prägen von Sammlermün­zen. Ansonsten wacht die Bundesbank mit Argusaugen über den Milliarden­schatz – nun auch mit direktem Zugriff im eigenen Tresor.

Ein Teil des Schatzes bleibt in New York und London. Im Fall einer extremen Krise, wenn etwa niemand mehr bereit wäre, Euro zu akzeptiere­n, könnte dort Gold gegen Dollar getauscht werden. London ist der größte Handelspla­tz für das Edelmetall, der US-Dollar die wichtigste internatio­nale Reservewäh­rung. Der Amtsantrit­t von US-Präsident Donald Trump spielte indes keine Rolle für die Bundesbank bei der Verlagerun­g. Im Verhältnis zu der US-Notenbank Fed hat sich nichts geändert.

 ?? FOTO: DPA ?? Carl-Ludwig Thiele, Vorstandsm­itglied der Deutschen Bundesbank, präsentier­t einen aus London zurückgeho­lten Goldbarren.
FOTO: DPA Carl-Ludwig Thiele, Vorstandsm­itglied der Deutschen Bundesbank, präsentier­t einen aus London zurückgeho­lten Goldbarren.

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