Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gogol Bordello: Seekers And Finders
Gogol Bordello ist der Musik gewordene Süßwarenladen. Tüte auf, mit dem Schäufelchen rein in die großen Gläser, bis sich darin ein bunter Mix gesammelt hat. Eine Mischung aus Punkrock, Folk und osteuropäischen Klängen und Rhythmen. Ein bunter Mix, der funktioniert, ist auch das neue Album „Seekers And Finders“(Cooking Vinyl). Mal gibt es hart auf die Zwölf – etwa gleich mit den ersten Takten des Openers „We Did it All“, bei dem sich Streicher und Akkordeon in einem treibenden Beat einen Wettstreit liefern. Dann schlägt die Band mit ihren Mitgliedern aus allen Ecken der Welt wieder ruhige Töne an. Besonders schön ist der Titelsong „Seekers And Finders“, für den Sänger Eugene Hütz die großartige Regina Spektor zum Duett bittet. Der Kontrast im Wechselspiel zwischen Spektors hauchig-zartem Gesang und der bebenden Stimmgewalt von Hütz ist wohl der schönste seit „Where The Wild Roses Grow“von Nick Cave und Kylie Minogue. Gogol Bordello bleiben auch nach fast 20 Jahren ihrem Markenkern treu: Immer wieder ziehen die GypsyPunk-Klänge auf dem neuen Album den Hörer gedanklich in einen rumänischen Hinterhof, in dem gerade ein großes Fest gefeiert wird. Hütz, der aus der Ukraine stammt, trägt mit seinem starken Akzent in bester Russischer-Filmbösewicht-Manier mit rollendem „R“seinen Teil dazu bei. Der Name des Albums ist übrigens Programm. Hütz hat seine eigene Suche nach dem Spirituellen (siehe Interview) auf „Seekers And Finders“destilliert. Kaum ein Lied, in dem nicht von der Seele die Rede ist. Bei „Walking On The Burning Coal“scheint er den Weg durchs Fegefeuer zu beschreiten. Dass die Wege eines Suchenden nicht geradlinig sein können, unterstreichen die musikalischen Brüche innerhalb der Lieder. So wird aus der nachdenklichen Ballade „If I Ever Get Home Before Dark“zwischendurch ein experimenteller Geräuschkomplex, wie ihn sonst nur Tom Waits produziert. Und wem diese musikalische Anarchie zu bunt wird, kann bis zum letzten Lied springen. „Still That Way“könnte gut als traditioneller amerikanischer Folksong durchgehen, inklusive Mundharmonika. Bob Dylan lässt grüßen. (kab)