Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kein Gebet für das Volk, sondern ein Gebet für die Menschheit
Mit dem „Vermächtnis“beschließt Prälat Brock seinen Zyklus „Begegnungen mit Jesus“
MECKENBEUREN - Das „Vermächtnis“ist das vierte Buch von Michael H. F. Brock betitelt, in dem er die „Begegnungen mit Jesus“fortführt. „Annäherungen an Lukas 11“verspricht der Prälat und Vorstand der Stiftung Liebenau im Untertitel – was den Fokus auf das Vater unser richtet. Erhältlich ist es ab kommenden Montag, 28. August.
„Warum hat es damals überhaupt ein neues Gebet gebraucht?“Auf diese Frage spitzte es sich für Michael H. F. Brock zu, als er vor rund anderthalb Jahren seinen literarischen Fokus auf das heute selbstverständliche Gebet im Christentum legte. Der 56Jährige hatte sich zuvor mit „Die letzten Tage“(2014), „Wie alles begann“(2015) und den Seligpreisungen (2016: „Was bleibt“) beschäftigt, allesamt „Begegnungen mit Jesus“. Mit „ Das Vermächtnis“setzt Prälat Brock den Schlusspunkt hinter die „ Begegnungen mit Jesus“.
Entstanden ist das Vater unser „im Kontext einer Kultur des Betens“, wie Brock weiß. Einer jüdischen Kultur des Betens, die stets das ganze Volk in Beziehung zu Gott setzte. Der fundamentale Wandel: Jesus richtet den Blick auf die einzelne Person, unter der Fragestellung: „Du einzelner, was brauchst du für dein Heil?“
Und da die neue Fragestellung und die Weise, wie Jesus die Antwort lebte, fundamental Neues mit sich brachten, war es auch nötig, Identifikation über ein fundamental anderes Gebet zu erzeugen. „Jesu Leben, seine Ausstrahlung, seine Art von Gott zu reden, musste so neu sein, dass es auch eines neuen Gebetes bedurfte“, zeigt sich der Autor im Epilog überzeugt.
Mit dem „Vermächtnis“schließt Brock den Zyklus der „Begegnungen mit Jesus“ab. Erneut gibt es darin mit Maria von Magdala eine Einzelne, die in fiktiven Gesprächen mit Jesus das Buchthema aufnimmt – in diesem Fall das Vater unser hinterfragt. Zugleich ist sie exemplarisch zu sehen – als Stellvertreterin für all die Menschen, die auf dem Weg sind, sich selbst zu suchen und zu finden.
Was weit mehr ist, als nur „Spiegel“für den Gottessohn zu sein. Maria von Magdala sucht ihre Beziehung zu Gott – und muss dafür auch Jesus verlassen, um ihre Bestimmung zu finden.
Zuvor aber lässt Brock in seiner Erzählung beide das Vater unser als Bekenntnis Gottes zur Beziehung und damit zum einzelnen Menschen verdeutlichen. „Es ist mir nochmals ganz neu aufgegangen, wie elementar dieses Gebet Beziehung schaffen will“, sagt der Verfasser.
Eine Beziehung, die „uns befreit zu Kindern Gottes“, wie es Brock empfindet und zu übermitteln weiß. „Dir ist bereits vergeben worden – weil du ein Mensch bist“, sagt er im SZ-Gespräch – ein Versprechen, das sich für Michael H. F. Brock im Vater unser zur Gewissheit verdichtet.
„Mein Maßstab ist Jesus“, erklärt er denn auch, sei es dem Nazarener doch um die „Caritas“gegangen – eine Barmherzigkeit, die heute vielfach verloren gegangen sei. Als Gegenentwurf nennt Brock Papst Franziskus, dessen Nähe zum ursprünglichen Jesus ihn fasziniert. Im Gegensatz dazu hat er heute oft das Gefühl: „Wir sind eine apostolische Kirche, wir folgen dem, was die Apostel geglaubt haben.“Stattdessen aber müsse es darum gehen, zum Ursprung zurückzu- kehren, zu dem, „dem die Apostel gefolgt sind“– zu Jesus.
Immer wieder diskutiert wurde Brocks Ansatz der fiktiven Erzählung, von dem er sagt: „Einzig die Liebe in diesem Buch ist keine Fiktion. Alles andere ist narrativ beschreibend Frohe Botschaft.“Die ist mit der Veröffentlichung des Buches am 28. August längst nicht abgeschlossen. So sind wieder Lesungen aus dem „Vermächtnis“vorgesehen, wobei im Moment zwei Termine stehen – am Dienstag, 26. September, 18.30 Uhr, in Liebenau und am Mittwoch, 18. Oktober, in Oberhelfenschwil (quasi der Ausgangspunkt der Liebenau Schweiz gemeinnützige AG).
Das Vermächtnis.
„Begegnungen mit Jesus“. Verlagsgruppe Patmos. ISBN 978- 3- 8436- 0982- 1, 136 Seiten, Hardcover, 15 Euro.