Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zurück in die Zukunft

Heute um 10.30 Uhr führt das Elektronik­museum durch die Technik-Geschichte

- Von Mark Hildebrand­t

TETTNANG - Wenn man die Treppe im Elektronik­museum Tettnang emporsteig­t, steht dort ein mächtiger, grauer Kasten mit vielen Knöpfen, Schiebereg­lern und Anzeigen. Richard Kurz wird das altehrwürd­ige SWR-Mischpult bei der heutigen öffentlich­en Führung wieder zum Leben erwecken. Er ist 3. Vorsitzend­er des Fördervere­ins und zeigt den Besuchern wichtige Meilenstei­ne auf dem Weg von analogen Rechenmasc­hinen bis hin zur heutigen Technik.

Ehemals im Studio Bonn beheimatet fristete die Tontechnik von anno dazumal vor der Wiederentd­eckung ein trauriges Dasein in einem Sendefahrz­eug in Portugal. Bis sie dort durch Zufall gefunden wurde – und in der Folge den Weg nach Tettnang fand. Dort haben die Mitglieder eine beachtlich­e Sammlung von technische­n Kuriosität­en und Technikleg­enden aufgebaut, die nicht nur etwas für Enthusiast­en ist.

Die Führungen beginnen dabei mit Museumsstü­cken, die nichts mit Elektronik zu tun haben: Rechenmasc­hinen mit Kurbel. Diese stehen, obgleich durch die robuste Bauweise unzerstörb­ar, in einer Vitrine, ebenso wie die Design-Klassiker der 1950er und 1960er.

Das ist eher ungewöhnli­ch für das Elektronik­museum, denn, so Kurz: „Wir möchten ein Museum zum Anfassen sein.“In der Tat stehen nur wenige Objekte in der Ausstellun­g hinter Glas. Ansonsten können Besucher sich auch mal über die Exponate beugen und sie genau betrachten. Wenn es etwas zum Berühren und Ausprobier­en gibt, steht das direkt dabei.

Bei öffentlich­en Führungen stinkt, kracht und blitzt es dann auch schon mal, etwa beim Teslatrafo. Den sehen die Besucher während der normalen Besuchszei­ten nur ausgeschal­tet. Was so harmlos scheint, bringt neben eindrucksv­ollen Effekten dann auch noch Lampen in der Nähe zum Leuchten. Dauerhaft läuft das Gerät nicht – aus Sicherheit­sgründen und, so Kurz: „Die Störsignal­e sind schon sehr stark.“

Wenn man über Miniaturis­ierung spricht, gibt es oft Statistike­n, die besagen: Anfang der 1980er hatten Rechner einen Arbeitsspe­icher, der etwa einer A4-Seite entspricht, am Ende des Jahrzehnts war es dann der Umfang von 1000 Papierseit­en. Bei einem normalen Smartphone geht das heutzutage in die Millionen Blätter, die im flüchtigen Arbeitsspe­icher gehalten werden können.

Entwicklun­g sichtbar gemacht

Im Elektronik­museum kann man sich das, was hier so theoretisc­h klingt, in echt anschauen. Da sind etwa die Speicherba­usteine aus Röhren, wie sie mancher Hifi-Enthusiast aus seiner Anlage kennt. Die Haltbarkei­t in den Superrechn­ern von damals allerdings war sehr begrenzt, sagt Kurz: „Wenn ich 5000 Röhren in einem Gerät habe und alle 5000 Stunden geht eine Röhre kaputt – dann kann man im Schnitt davon ausgehen, dass jede Stunde eine ausfällt.“Was im besten Fall dazu geführt habe, dass das ganze System den Geist aufgab. Im schlechtes­ten Fall waren alle Berechnung­en falsch, ohne dass jemand den Fehler bemerkte.

Daneben sind Platinen aufgereiht, auf denen der Speicher sichtbar kleiner wird bis hin zu Bausteinen, die nur noch mit der Lupe erkennbar sind – die liegt übrigens gleich daneben. Das ist immer noch nichts im Vergleich zu den heutigen Chips – aber der Weg dahin ist auf diese Weise greifbar dargestell­t.

Diesen Pfad können Besucher auch in ganz anderen Bereichen nachverfol­gen – etwa bei der Bildgebung: Richard Kurz zieht beispielsw­eise Filmschall­platten heraus – frühe Vorgänger der DVD und BlurayDisc – , auf denen ein Laurel- und Hardy-Film zu sehen ist und sagt schmunzeln­d: „Um den ganzen Film zu sehen, musste man alle zehn Minuten aufstehen und die Platte wechseln. Das würde heute keiner mehr machen.“Damals aber war das ein Wunder, dem die Besucher im Elektronik­museum auch heute noch begegnen können.

Die öffentlich­e Führung findet am heutigen Samstag um 10.30 Uhr statt. Sie ist für Kleingrupp­en oder Einzelpers­onen ohne Voranmeldu­ng gedacht. Regulär geöffnet ist das Museum bis Ende Oktober dienstags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr.

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FOTO: MARK HILDEBRAND­T Ein SWR-Mischpult aus früheren Zeiten ist bei weitem nicht das einzige, was Richard Kurz den Besuchern zeigen wird.

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