Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Zurück in die Zukunft
Heute um 10.30 Uhr führt das Elektronikmuseum durch die Technik-Geschichte
TETTNANG - Wenn man die Treppe im Elektronikmuseum Tettnang emporsteigt, steht dort ein mächtiger, grauer Kasten mit vielen Knöpfen, Schiebereglern und Anzeigen. Richard Kurz wird das altehrwürdige SWR-Mischpult bei der heutigen öffentlichen Führung wieder zum Leben erwecken. Er ist 3. Vorsitzender des Fördervereins und zeigt den Besuchern wichtige Meilensteine auf dem Weg von analogen Rechenmaschinen bis hin zur heutigen Technik.
Ehemals im Studio Bonn beheimatet fristete die Tontechnik von anno dazumal vor der Wiederentdeckung ein trauriges Dasein in einem Sendefahrzeug in Portugal. Bis sie dort durch Zufall gefunden wurde – und in der Folge den Weg nach Tettnang fand. Dort haben die Mitglieder eine beachtliche Sammlung von technischen Kuriositäten und Techniklegenden aufgebaut, die nicht nur etwas für Enthusiasten ist.
Die Führungen beginnen dabei mit Museumsstücken, die nichts mit Elektronik zu tun haben: Rechenmaschinen mit Kurbel. Diese stehen, obgleich durch die robuste Bauweise unzerstörbar, in einer Vitrine, ebenso wie die Design-Klassiker der 1950er und 1960er.
Das ist eher ungewöhnlich für das Elektronikmuseum, denn, so Kurz: „Wir möchten ein Museum zum Anfassen sein.“In der Tat stehen nur wenige Objekte in der Ausstellung hinter Glas. Ansonsten können Besucher sich auch mal über die Exponate beugen und sie genau betrachten. Wenn es etwas zum Berühren und Ausprobieren gibt, steht das direkt dabei.
Bei öffentlichen Führungen stinkt, kracht und blitzt es dann auch schon mal, etwa beim Teslatrafo. Den sehen die Besucher während der normalen Besuchszeiten nur ausgeschaltet. Was so harmlos scheint, bringt neben eindrucksvollen Effekten dann auch noch Lampen in der Nähe zum Leuchten. Dauerhaft läuft das Gerät nicht – aus Sicherheitsgründen und, so Kurz: „Die Störsignale sind schon sehr stark.“
Wenn man über Miniaturisierung spricht, gibt es oft Statistiken, die besagen: Anfang der 1980er hatten Rechner einen Arbeitsspeicher, der etwa einer A4-Seite entspricht, am Ende des Jahrzehnts war es dann der Umfang von 1000 Papierseiten. Bei einem normalen Smartphone geht das heutzutage in die Millionen Blätter, die im flüchtigen Arbeitsspeicher gehalten werden können.
Entwicklung sichtbar gemacht
Im Elektronikmuseum kann man sich das, was hier so theoretisch klingt, in echt anschauen. Da sind etwa die Speicherbausteine aus Röhren, wie sie mancher Hifi-Enthusiast aus seiner Anlage kennt. Die Haltbarkeit in den Superrechnern von damals allerdings war sehr begrenzt, sagt Kurz: „Wenn ich 5000 Röhren in einem Gerät habe und alle 5000 Stunden geht eine Röhre kaputt – dann kann man im Schnitt davon ausgehen, dass jede Stunde eine ausfällt.“Was im besten Fall dazu geführt habe, dass das ganze System den Geist aufgab. Im schlechtesten Fall waren alle Berechnungen falsch, ohne dass jemand den Fehler bemerkte.
Daneben sind Platinen aufgereiht, auf denen der Speicher sichtbar kleiner wird bis hin zu Bausteinen, die nur noch mit der Lupe erkennbar sind – die liegt übrigens gleich daneben. Das ist immer noch nichts im Vergleich zu den heutigen Chips – aber der Weg dahin ist auf diese Weise greifbar dargestellt.
Diesen Pfad können Besucher auch in ganz anderen Bereichen nachverfolgen – etwa bei der Bildgebung: Richard Kurz zieht beispielsweise Filmschallplatten heraus – frühe Vorgänger der DVD und BlurayDisc – , auf denen ein Laurel- und Hardy-Film zu sehen ist und sagt schmunzelnd: „Um den ganzen Film zu sehen, musste man alle zehn Minuten aufstehen und die Platte wechseln. Das würde heute keiner mehr machen.“Damals aber war das ein Wunder, dem die Besucher im Elektronikmuseum auch heute noch begegnen können.
Die öffentliche Führung findet am heutigen Samstag um 10.30 Uhr statt. Sie ist für Kleingruppen oder Einzelpersonen ohne Voranmeldung gedacht. Regulär geöffnet ist das Museum bis Ende Oktober dienstags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr.