Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Nachwuchssorgen
Die Geißbockfamilie wird auch in diesem Jahr das Bahnhofsfest eröffnen – und hofft auf neue Mitglieder
MECKENBEUREN - Sie hat das Lied „Auf de schwäbsche Eisebahna“populär gemacht: Die Meckenbeurer Geißbockfamilie. Vor mehr als 30 Jahren gegründet, hat sie sich zu einer Institution entwickelt. Doch nun gerät die Tradition ins Schwanken. Der Familie fehlen die Mitglieder. Früher knapp 20, sind es dieses Jahr bislang sieben, die ein Stück Geschichte zum Leben erwecken.
Kleidungsstücke hängen an einer Stange, Hüte liegen auf einem Tisch – Tracht und Vintage treffen hier aufeinander, verbreiten einen Hauch von Nostalgie im Wohnzimmer der Kleinfelders. Jozefina Kleinfelder sitzt am Esstisch und blättert in Alben voller Fotos und Zeitungsausschnitten. Mehr als 30 Jahre Familiengeschichte sind hier gesammelt, zumindest die der Geißbockfamilie. „Wir haben viel erlebt“, sagt sie. „Wir“das sind sie, ihr Mann, die Mitglieder. Von Beginn an sind Kleinfelders Teil der Geißbockfamilie, die anfangs bis zu 20 Mitglieder zählte.
Die Idee sei in den 80er Jahren auf dem Weinfest entstanden. Das Bahnhofsfest gab es bereits – auch ein Geißbock wurde bereits über das Fest geführt. Doch das Lied fehlte. Das sollte sich ändern: 1984 ist die Geißbockfamilie zum ersten Mal auf dem Bahnhofsfest aufgetreten – mit Geißbock und Lied.
Für die Geißbockfamilie beginnt eine Erfolgsgeschichte: Jahr für Jahr eröffnen sie das Meckenbeurer Bahnhofsfest, werden zu Jubiläen, Veranstaltungen und Messen eingeladen. Einladungen, die sie nach „Stuegert, Ulm und Biberach, Meckabeura, Durlesbach“führen. Und immer wieder singen sie dieses Lied mit dem einprägsamen Refrain „Trulla, Trulla, Trullala“. Das Lied macht die Geißbockfamilie bekannt: Für das kommende Jahr habe sich eine Gruppe angemeldet, deren Mitglieder aus 36 Ländern die Geißbockfamilie erleben wolle. „Ich glaube, wir haben dieses Lied erst richtig poulär gemacht“, sagt Jozefina Kleinfelder.
„Das ist eine Geschichte, die jeder irgendwo geliebt hat, aber niemand ist bereit, mitzumachen.“Kleinfelder und die Geißbockfamilie plagt die Sorge um den Nachwuchs. Bereits zum 25. Jubiläum hat die Gruppe aktiv um neue Mitglieder geworben, doch die Ressonanz blieb aus. „Wollt ihr, dass die Tradition weiterlebt, müsst ihr mitmachen“, appelliert Kleinfelder. Einen Appell, mit dem sie sich auch in diesem Jahr mehrmals an Vereine, Ehemalige und Bekannte gewendet hat. Der Wunsch: Dass es so wird wie es war. Anforderungen an potenzielle Teilnehmer gibt es nicht, nur dass sie singen. „Es geht darum, dass man das mit Herz macht - ohne Herz geht das nicht.“
Doch auch die Zahl derer, die beim diesjährigen Bahnhofsfest die Geißbockfamilie mimen wird, ist bislang gering. Sieben Personen sind es, die um 11.15 Uhr am Bahnsteig erwartet werden. Ein Bahnhofsfest ohne Auftritt der Geißbockfamilie will sich Kleinfelder dennoch nicht vorstellen. „Ich möchte, dass es stattfindet“, sagt Kleinfelder, „auch für meinen Mann.“In den vergangenen Jahren hat er der Gruppe vorgestanden, hat organisiert und geplant, liegt wegen einer plötzlichen Erkrankung aber im Krankenhaus .„Wir müssen diesen Auftritt machen“, sagt Kleinfelder überzeugt. „Es wäre so schade. Die Geißbockfamilie hat dieses Fest zu dem gemacht, was es heute ist: Ein Fest mit Tradition.“