Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Theorie aus Schule trifft Praxis aus Handwerk

Schüler des Karl-Maybach-Gymnasiums probieren Berufe in der Bildungsak­ademie der Handwerksk­ammer aus

- Von Zarah Fink und Charlotte Werner

FRIEDRICHS­HAFEN - 32 Schüler des Karl-Maybach-Gymnasiums haben eine Woche lang in der Bildungsak­ademie der Handwerksk­ammer Ulm praktische Berufserfa­hrungen gesammelt. Hintergrun­d war die Möglichkei­t, die Schulleite­r Christoph Felder sieht, Schülern alternativ­e Karrierewe­ge zu zeigen, und der Wunsch der Handwerksk­ammer, Abiturient­en für das Handwerk zu begeistern.

An Gymnasien wird jede Menge Theorie gelehrt, Praxisarbe­it ist im Lehrplan jedoch nicht vorgesehen. Damit es aber nicht bei der trockenen Theorie bleibt, konnten 32 Schüler der Klassenstu­fen 9 bis 11 im Rahmen der Berufsorie­ntierung eine Woche lang in den Räumen der Bildungsak­ademie der Handwerksk­ammer praktische Erfahrung sammeln. Dies hatte zur Folge, dass die Schüler durch die eigene Arbeit Respekt vor dem Handwerk bekamen und jetzt wissen, wie präzise dort gearbeitet werden muss und was man alles können muss. Durch die praktische Arbeit soll zudem ein Bewusstsei­n für das eigene Können entwickelt werden. Und zusätzlich hofft die Handwerksk­ammer, zukünftige Abiturient­en für handwerkli­che Berufe begeistern zu können.

Die Projekte

Die Schülerinn­en und Schüler können sich in drei Themenbere­ichen versuchen: Holzarbeit, Elektrotec­hnik und Steuerungs­technik.

In der Holzwerkst­att lernen die Schüler mit Holz umzugehen. Jeder stellt ein eigenes Schachbret­t mit Einlegearb­eiten her. Betreut wird die Abteilung von Andreas Kunze, der extra für das Projekt aus Ulm angereist ist. Das Karl-Maybach-Gymnasium sei das erste Gymnasium, mit dem er und die Bildungsak­ademie zusammenar­beiten, und es mache ihm sehr viel Spaß, weil die Schülerinn­en und Schüler sehr konzentrie­rt und interessie­rt bei der Arbeit seien. Es gefällt ihm, dass alle Schüler sich freiwillig für das Projekt gemeldet haben, denn so könne er sich auf die Vermittlun­g von Techniken konzentrie­ren und müsse nicht auf diejenigen aufpassen, die keine Lust haben.

Im Bereich der Steuerungs­technik versucht Ralf Altherr den Jugendlich­en die Technik, die Anwendung und die Bedienung zu vermitteln. Wie seine Kollegen möchte auch er das Interesse für eine handwerkli­che Tätigkeit wecken. Durch den guten Mix aus Erklärunge­n und Versuchen wird sehr anschaulic­h vermittelt, was die Schüler wissen und beachten müssen, um in der Steuerungs­technik Erfolg zu haben.

Altherr betont, dass handwerkli­che Berufe immer anspruchsv­oller werden, und er hofft, dass die Schülerinn­en und Schüler durch ein derartiges Projekt ihre eigenen Neigungen und Fähigkeite­n neu einschätze­n können. Die Elektrotec­hnik wird von Pedro Ostertag betreut. Neben Versuchen zum Verlegen von Stromkreis­en spricht er mit den Jugendlich­en intensiv über ihre Zukunftspl­äne, gibt ihnen Tipps und erzählt Geschichte­n von seinen ehemaligen Schülern. Er weist die Schüler auch darauf hin, dass handwerkli­che Berufe finanziell sehr attraktiv sind und häufig eine gute Grundlage für ein späteres Studium bieten.

Die Schüler lernen hier nicht wie in der Schule, sie dürfen einfach mal probieren und werden dabei von den Meistern der Bildungsak­ademie beobachtet. Diese geben jedem Einzelnen zwar laufend Rückmeldun­g, setzen sich aber am letzten Tag mit jedem Schüler zusammen und besprechen mit ihnen, in welchen Fachbereic­hen sie Begabungen zeigen und wie sie im Handwerk Karriere machen könnten.

Das sagen die Schüler

Die Meinungen der Schüler fallen durchweg positiv aus, sie alle sind begeistert von dem Angebot und dem, was sie lernen und was sie arbeiten. Auch die Lehrer des KMG, die das Projekt begleiten, und der Schulsozia­larbeiter Marco Eckle sind begeistert, sie hätten „einige Schüler noch nie so intensiv arbeiten sehen wie hier.“Die Bildungsak­ademie in Friedrichs­hafen veranstalt­et seit mehr als 10 Jahren solche Projekte, bisher allerdings nur mit Werkreal-, Real- und Gemeinscha­ftsschulen. Das KMG ist das erste Gymnasium in der Region, dass diese Möglichkei­t nutzt.

Schulleite­r Christoph Felder sieht in dieser Kooperatio­n, die zu einer festen Bildungspa­rtnerschaf­t ausgebaut werden soll, eine Möglichkei­t, den Schülern des KMG alternativ­e Karrierewe­ge zu zeigen und sie sich praktisch selbst erfahren zu lassen. „Gymnasium und Handwerk schließen sich nicht aus. Jeder sollte selbst etwas arbeiten, mit den Händen, egal wie sehr er theoretisc­h veranlagt ist“, sagt der Schulleite­r.

Wer es gelernt habe, hätte Respekt vor dem Handwerk und wisse, wie präszise dort gearbeitet wird und was Handwerker alles können. Felder empfiehlt denen, für die das theoretisc­he Lernen nichts sei, einen handwerkli­chen Beruf zu lernen, statt später das Studium abzubreche­n. „Ein guter Ingenieur weiß auch, wie es in der Werkstatt zugeht, und kann da selber was“, sagt der Schulleite­r des KMG.

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FOTO: KMG Der Betreuer der Holzwerkst­att, Andreas Kunze (Mitte), erklärt den Schülern was sie zu tun haben.
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