Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Unternehmer soll Banken betrogen haben
Häfler wegen Insolvenzverschleppung vor Gericht
FRIEDRICHSHAFEN (sar) - War es nun Blauäugigkeit oder doch eine Portion kriminelle Energie? Das versucht das Amtsgericht Tettnang derzeit im Fall eines Häfler Unternehmers herauszufinden. Der 53-Jährige soll versucht haben, über die Pleite seiner Firma hinwegzutäuschen, um von Banken und Zulieferern weiter Geld und Material zu bekommen. Deshalb soll er sogar einen bereits gestellten Insolvenzantrag wieder zurückgezogen haben.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Unternehmer vor, die Insolvenz seines Unternehmens verschleppt zu haben. Außerdem ist er wegen Betrugs und Untreue angeklagt. Zu den Geschädigten gehören eine Sparkasse und eine Volksbank, aber auch mehrere Lieferanten. Diese soll er über seine finanziellen Schwierigkeiten im Unklaren gelassen haben.
Dem Kundenberater einer Sparkasse gegenüber soll der Unternehmer angegeben haben, noch 150 000 Euro ausstehende Zahlungen von einem Kunden zu erwarten. Daraufhin durfte er das Firmenkonto trotz fehlender Deckung weiter belasten. „Er war immer zuverlässig“, sagte der Kundenberater im Zeugenstand. „Deshalb waren wir kulant und haben lange gewartet.“Insgesamt häufte der Häfler durch Kreditkartenabrechnungen Mitte 2013 ein Minus von fast 20 000 Euro an.
Als Betrug stuft Staatsanwalt Peter Spieler diesen Punkt ein. Denn Kunden habe das Unternehmen zu dem Zeitpunkt schon länger keine mehr gehabt. Seit Mitte 2012 habe das Unternehmen keine Umsätze mehr verzeichnet. Den Erlös vom Verkauf seiner Yacht habe er für private Zwecke verwendet und nicht, wie angekündigt, in die Sanierung seiner Firma gesteckt. Bereits seit April 2013 sei das Unternehmen praktisch zahlungsunfähig gewesen.
Dem widersprach der Angeklagte. Er habe zu dieser Zeit ein vielversprechendes Geschäft in der Türkei aufgebaut und sei davon ausgegangen, sein Unternehmen retten zu können. Dafür sei er über einen längeren Zeitraum in der Türkei gewesen. Dass er dafür keine Verträge oder andere Unterlagen habe, liege am dortigen Geschäftsgebaren, bei dem viel mündlich verhandelt werde. „Wenn man alles vorher wüsste, würde man es anders machen“, räumte er auch Fehler ein. Für den Staatsanwalt offenbar wenig glaubwürdig: „Was war daran außer Geschwätz? Was sind Sie für ein Geschäftsmann?“, fragte er.
Doch nicht nur was die Türkeigeschäfte betraf, auch was die Buchführung anging, wiesen die Unterlagen des Angeklagten nach den Ausführungen des Staatsanwalts einige Lücken auf. So konnten der Insolvenzverwalter und der ermittelnde Kriminalbeamte offenbar keine ordnungsgemäße Bilanzen und keine Handelsbücher für die Jahre 2012 und 2013 finden. Seine Unterlagen seien vollständig, erklärte der Angeklagte. Er könne sie jedoch nicht vorlegen, weil sie zum Teil bei der Polizei, zum Teil bei seinem Steuerberater und zu einem dritten Teil beim Insolvenzverwalter liegen würden.
Probleme hatte der Angeklagte laut Staatsanwalt auch mit der Trennung seiner Unternehmen. Neben der insolventen GmbH führte der Unternehmer nämlich noch eine zweite Firma als Einzelkaufmann. An diese Firma, also praktisch an sich selbst, soll er vom Konto der GmbH immer wieder Geld überwiesen haben, selbst als klar war, dass diese zahlungsunfähig werden wird. Für Miete, Büroarbeiten, Autonutzung und Materialvorschüsse, gab der Angeklagte an. Das sei Veruntreuung, dazu habe er zu diesem Zeitpunkt kein Recht gehabt, warf ihm der Staatsanwalt vor. Denn gleichzeitig sollen immer mehr Lieferanten, die dem Unternehmen bereits Waren geliefert hatten, auf ihren Rechnungen sitzen geblieben sein. Ein Zulieferer stellte schließlich im August 2014 Insolvenzantrag für die Häfler Firma. Einige andere Lieferanten sollen sich zwischenzeitlich auf Vergleichszahlungen eingelassen haben, das heißt gegen Zahlung eines geringeren Betrages verzichteten sie auf ihre Forderungen.
Einen Teil der Vorwürfe räumte der Angeklagte ein, der derzeit von rund 500 Euro Taschengeld leben will, das er von seiner Frau bekomme. Mit ihr lebe er in einer Eigentumswohnung, die noch nicht abbezahlt sei. Er suche nach einem neuen Geschäftsfeld als Unternehmer. Über seinen Verteidiger bat er darum, einige fehlende Unterlagen nachreichen zu dürfen. Der nächste Verhandlungstermin ist am kommenden Montag.