Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ungebrochene Strahlkraft
Heute vor 20 Jahren endete das Leben der Ordensfrau Mutter Teresa
ROM (KNA) - Für Papst Franziskus war sie eine „unermüdliche Arbeiterin der Barmherzigkeit“. Und tatsächlich hat, wer an Mutter Teresa denkt, ein bestimmtes Bild vor Augen: eine kleine, gebückte Frau in weißblauem Gewand, die Hände gefaltet, das Gesicht zerfurcht. Heute ist es 20 Jahre her, dass die Ordensfrau gestorben ist. Zum Todestag erhält die Kathedrale im kosovarischen Pristina den Namen der Ordensgründerin. Das Gotteshaus im Zentrum der Hauptstadt heißt künftig offiziell „Mutter-Teresa-Kathedrale“.
Viele Menschen hatten den „Engel von Kalkutta“schon zu Lebzeiten wie eine Heilige verehrt. Am 4. September 2016 wurde die berühmte Missionsschwester dann tatsächlich heiliggesprochen, 19 Jahre nach ihrem Tod. Der Papst leitete den Festakt auf dem Petersplatz in Rom, der weltweit von 120 Sendeanstalten übertragen wurde. Und auch wenn das überlebensgroße Bild der Ordensfrau in den vergangenen Jahren ein paar Kratzer bekam: Mutter Teresas Strahlkraft ist ungebrochen. Das zeigte sich etwa im September 2015, als das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“Kanzlerin Angela Merkel angesichts ihres Handelns in der Flüchtlingskrise als „Mutter Angela“auf den Titel brachte.
Mutter Teresa wurde am 26. August 1910 als Agnes Gonxha Bojaxhiu in Skopje im heutigen Mazedonien geboren. Schon mit 18 Jahren ging sie als Missionsschwester nach Indien und arbeitete dort als Lehrerin. Ihr Weg bis hin zur Direktorin einer Mädchenschule schien vorgezeichnet. Doch in Kalkutta begegneten ihr Bettler, ausgemergelte und kranke Menschen. Sie sah Kinder, die ausgesetzt wurden. Eine „Damaskus-Stunde“änderte ihre Laufbahn. „Gott rief mich“, sagte sie später. Bewegt vom Elend in den Slums verließ sie 1948 ihr Kloster und gründete eine Ordensgemeinschaft, die „Missionarinnen der Nächstenliebe“. Vor allem ihre Heime für Findelkinder und ihre Sterbehäuser für todgeweihte Obdachlose machten sie über Indien hinaus bekannt. Für ihr Werk, das auf allen Kontinenten Fuß fasste, wurden ihr zahlreiche Ehrungen zuteil, unter anderem die Ehrenstaatsbürgerschaft der USA sowie 1979 der Friedensnobelpreis.
Ihre Frömmigkeit war allerdings offenbar nicht unerschütterlich, wie private Notizen und vertrauliche Briefwechsel offenbarten, die erst 2007 veröffentlicht wurden. Ein ganzes Jahrzehnt lang durchlitt die Ordensfrau demnach quälende seelische Einsamkeit und schmerzhafte Zweifel an ihrer Mission.
2013 veröffentlichten dann deutsche Medien wie „Die Zeit“, die „Süddeutsche Zeitung“oder „Die Welt“kritische Berichte. Anlass war eine Studie zum Leben der berühmten Missionsschwester. Drei kanadische Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, in den Armenhäusern des Ordens hätten schlechte hygienische Zustände geherrscht. Sterbenden seien teilweise Schmerzmittel verweigert worden. Mutter Teresa sei sogar „alles andere als eine Heilige“, bilanzierte der Leiter der Studie, der Psychologieprofessor Serge Larivee von der Universität Montreal.
Dennoch: Bei ihrem Tod am 5. September 1997 im Alter von 87 Jahren war die Trauer weltweit groß. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) nannte sie „ein Geschenk an die Kirche und an die Welt“. Bereits sechs Jahre später, am 19. Oktober 2003, sprach er Mutter Teresa selig.
Am Tag vor ihrem 19. Todestag gelangte sie 2016 dann zu höchsten Kirchenehren. Mutter Teresa wurde eine von mehr als 6600 Heiligen der römisch-katholischen Kirche. Im Dezember 2015 hatte Papst Franziskus die wissenschaftlich nicht erklärbare Heilung eines Brasilianers, der an einem bösartigen Hirntumor litt, als zweites Wunder auf Fürsprache von Mutter Teresa anerkannt – eine notwendige kirchenrechtliche Voraussetzung.
Die Nonnentracht Mutter Teresas – der weiße Sari mit dunkelblauen Saumstreifen – steht inzwischen sogar unter Markenschutz. Der indische Anwalt Biswajit Sarkar ließ die Rechte an der Kutte sichern – im Auftrag des von Mutter Teresa gegründeten Ordens der „Missionarinnen der Nächstenliebe“. Mit dem Markenschutz solle der Missbrauch der weltberühmten Nonnentracht verhindert werden, sagte Sarkar – einst Anwalt der Ordensgründerin – im Juli 2017 laut dem Nachrichtenportal „India Today“. Es sei „das erste Mal überhaupt, dass eine Uniform als ,geistiges Eigentum‘ geschützt wurde“.