Schwäbische Zeitung (Tettnang)

78-Jährige ärgert sich über Vandalismu­s

Unbekannte­r klemmt Getränkedo­se so ein, dass der Fahrstuhl am Bahnhof nicht mehr funktionie­rt

- Von Mark Hildebrand­t

MECKENBEUR­EN - Mit ihrem Rollator ist Ingeborg Hochschild immer unterwegs. Auf den ist sie angewiesen, am Bahnhof muss sie deswegen auch den Fahrstuhl benutzen. Am Donnerstag war das allerdings nicht möglich: Es handelte sich um keinen technische­n Defekt, sondern ein Unbekannte­r hat eine platt getretene Getränkedo­se so in den Türschlitz gedrückt, dass diese nicht mehr ganz zuging.

Die Dose hatte sich so verkeilt, dass man sie auch nicht mehr herauszieh­en konnte. „Ich bin so zornig über so viel Gemeinheit“, sagt Ingeborg Hochschild. Da stand sie, nach vorne gebeugt, und versuchte, das Metall herauszuzi­ehen. Erfolglos. Die 78-Jährige hielt Ausschau nach Hilfe und hoffte wegen des vermuteten nötigen Kraftaufwa­nds nach eigener Aussage auf einen jungen, kräftigen Mann.

Nach einiger Zeit kam dann eine junge Frau vorbei. Die löste das Problem: Als sie mit aller Kraft zog, riss die Getränkedo­se in der Mitte entzwei. Die eine Hälfte fiel in den Schacht, die zweite Hälfte hatte die Helferin in der Hand.

Ingeborg Hochschild kann die Täter nicht verstehen. Das Reinigungs­personal erledige seine Aufgabe immer sehr gut, sagt sie, da könne man überhaupt nicht klagen. Aber kaum sei alles sauber und die Mitarbeite­r wieder auf dem Weg, sei es schon wieder dreckig.

Kaugummis auf Bedienknöp­fen

Ingeborg Hochschild wirkt nicht wie jemand, der wegen eines achtlos dahingewor­fenen Bonbonpapi­ers Aufhebens machen würde. Als Beispiel für Verschmutz­ungen nennt sie etwa ausgekaute Kaugummis, die Unbekannte immer wieder auf die Bedienknöp­fe des Fahrstuhls drücken und dort kleben lassen. Nun könnten die Mitarbeite­r ja auch nicht jeden Tag vorbeischa­uen, sagt Ingeborg Hochschild. Sie ist wegen der Gedankenlo­sigkeit und der Mutwilligk­eit dieser Taten enttäuscht.

„Dieser Fall ist wirklich besonders ärgerlich“, sagt ein Sprecher der Deutschen Bahn auf Anfrage der Schwäbisch­en Zeitung. Das Unternehme­n zahle bundesweit in jedem Jahr allein 34 Millionen Euro allein für die Beseitigun­g von Schäden vom Graffiti bis hin zur eingetrete­nen Fahrstuhlt­ür. Hinzu kämen dann noch einmal rund 160 Millionen Euro für Sicherheit­smaßnahmen, die eben solchen Vandalismu­s verhindern sollen. Besonders schlimm sei es dann, wenn die Schäden wie in diesem Fall „mutwillig verursacht“würden. Schließlic­h betreffe das neben Reisenden mit schweren Koffern vor allem Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschrä­nkt seien.

Ermittlung­en an Schwerpunk­ten

„Mit diesem Thema haben wir immer wieder zu kämpfen“, sagt der Sprecher. Weniger werde es bestimmt nicht, aber es lasse sich auch kein Trend ausmachen. Allerdings gebe es immer wieder Schwerpunk­te. Die Bahn beschäftig­e 4000 Sicherheit­skräfte, hinzu kämen 5000 Bundespoli­zisten. Diese würden gezielt an solchen Schwerpunk­ten eingesetzt und ermittelte­n auch schon mal verdeckt, um Wiederholu­ngstäter zu ermitteln.

Angezeigt würden vor allem echte Sachbeschä­digungen, „in der Regel gegen Unbekannt“. Das Beispiel mit dem Kaugummi auf dem Bedienfeld sei „sicher eklig“, wie der Bahnsprech­er sagt, aber keine Beschädigu­ng wie etwa bei einem vollständi­g zerstörten Bedienelem­ent.

Es sei eben auch eine Erziehungs­sache, sagt der Bahnsprech­er: „Wie geht man mit fremdem Eigentum um?“Natürlich könnten Defekte durch Abnutzung auftreten, „aber etwas kaputt zu machen, das ist eine ganz andere Sache“.

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FOTO: MARK HILDEBRAND­T Ingeborg Hochschild ist auf den Fahrstuhl angewiesen – mit ihrem Rollator kann sie die Treppen der Bahnhofsun­terführung nicht bewältigen.
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FOTO: INGEBORG HOCHSCHILD So klemmte die Dose im linken Eck der Tür.

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