Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Tore und Liebe bei der Timo-Werner-Show
DFB-Auswahl fertigt Norwegen in Stuttgart mit 6:0 ab – Ticket für WM noch nicht fix
STUTTGART - Gegen diese Sprechchöre hat keiner etwas einzuwenden, für diese Sprechchöre gab es nach diesem 6:0 (4:0)-Fußballfest der Nationalmannschaft in Stuttgart auch viel Applaus von den Weltmeistern. „Tii-Mo-Weer-ner! Tii-mo-Weerner!“hallte es am Montagabend während des WM-Qualifikationsspiels der DFB-Elf gegen Norwegen immer wieder durch die Mercedes-Benz Arena. „Tii-Mo-Weer-ner!“, bevor der Stürmer sein erstes Tor geschossen hatte, „Tii-Mo-Weer-ner!“nach seinen beiden Treffern, „Ti-MoWeer-ner!“in der Pause, „Tii-MoWeer-ner!“zwischendurch. In der zweiten Halbzeit skandierten die Fans bei seiner Einwechslung noch „Saa-mi-Kheee-di-raaa“und später auch „Maa-rio-Go-mez!“, die Namen der anderen Stuttgarter Jungs, die für diesen Abend mal wieder in Bad Cannstatt glänzten, doch Stürmer Gomez war höchstens kurz und Mittelfeldspieler Khedira nie eine Reizfigur gewesen. Nicht in Stuttgart, nicht in ganz Fußball-Deutschland.
Anders als Werner, für den am Sonntag erst Bundestrainer Joachim Löw den Drang verspürt hatte, eine Lanze brechen zu müssen. Und am Freitag die Kollegen von der Nationalmannschaft, als Werner beim mühsamen 2:1 beim WM-Qualispiel gegen Tschechien in Prag von den gleichen kleinhirnigen „Sieg-Heil“skandierenden Vollidioten kräftig ausgepfiffen worden war. Die Nationalelf hatte wegen der schändlichen Nazi-Hetze, aber auch wegen der Pfiffe gegen den Kameraden, seit einer zugegeben ziemlich dämlichen Schwalbe in der vergangenen Saison eine Reizfigur, den Gang in die Kurve verweigert. Umso zufriedener war Löw mit dem Publikum am Montag: „Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, hier in Stuttgart zu spielen. Die Stimmung war toll, das zeigt die Schönheit des Fußballs“, sagte Löw am RTL-Mikrofon.
Denn in Stuttgart war kein Platz für Nazis. In Stuttgart war kein Platz für Hass. In Stuttgart gab es am Montag ganz viel Liebe für die Spieler und reichlich Tore für die Fans. Das Torfestival gegen erschreckend harmlose Norweger, die sich früh ihrem Schicksal ergaben, reichte zwar noch nicht ganz für die rechnerische
Qualifikation zur WM in Russland, doch wen interessierte das an diesem wunderbaren Abend?
Keine zehn Minuten hatte es gedauert, bis es nach Mesut Özils akkurat schönem Schlenzer 1:0 gestanden hatte. Fast im Anschluss war dann schon fast das 2:0 gefallen, doch Werner verzog nach Özils genauer Vorlage. Thomas Müllers Schuss in der 13. Minute streifte dann schon wesentlich naher am Pfosten vorbei. Die beiden schossen sich ein, wie bald klar wurde.
Auch Gomez traf
Als Werner in der 17. Minute über das halbe Feld stürmte, um am eigenen Strafraum in den Zweikampf zu gehen, bekam er Szenenapplaus – und zum ersten Mal „Timo Werner“Sprechchöre. Die erst aufhörten, als Julian Draxler aus der Drehung im Strafraum das 2:0 erzielte (18). Zugegeben, zwischen Werners Energieleistung und Draxlers Treffer lagen nur einige Sekunden, in denen Werner noch die Zeit fand wieder nach vorne zu rennen und einen weiten Ball per Kopf auf Özil weiterzuleiten, dessen Vorlage schließlich Draxler erreichte. Werner war in seinem Bewegungsdrang ein wenig zu weit nach
vorne gerannt, er stand bei seiner Vorlage leicht im Abseits (so, wie er generell ziemlich oft im Abseits steht, eines der wenigen Dinge, an denen er noch arbeiten muss), doch die Frage, wie wohl das Stuttgarter Publikum den nach Leipzig abgewanderten Stuttgarter Jungen begrüßen würde, war nun endgültig beantwortet.
Als Werner in der 21. Minute nach feiner Hackenvorlage Müllers zum 3:0 einschob, schallte es von allen Stadionkurven „Tii-Moo-Wee-rner!“Fünf Minuten vor der Pause flankte dann Müller ins Zentrum, wo sich Werner hoschraubte und – na, klar, zum 4:0 köpfelte. Was sollten die Fans nun machen? Genau. „TiiiMooo-Weer-Neeer! Tiii-Mooo-WeerNeer!“Gut, dass dessen Eltern ihm einen klarsilbigen, rhythmischen Namen gegeben haben. Werner selbst sprach dann auch von einer „besonderen Rückkehr“, die er so nicht erwartet hatte: „Ich habe nicht gedacht, dass es so für mich ausgeht.“
In der zweiten Halbzeit gönnte sich Werner eine schöpferische Torpause, doch das Toreschießen ging weiter. Der für Müller gekommene Leon Goretzka traf per Kopf zum 5:0 (50.), Mario Gomez, für Werner eingewechselt, zum 6:0 (79.).