Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Eier-Skandal betrifft 45 Länder

Warnsystem soll verbessert werden – Noch viele Details ungeklärt

- Von Ansgar Haase

TALLINN (dpa) - Als Reaktion auf den Fipronil-Skandal will die EU ihr Schnellwar­nsystem verbessern. Nach Angaben von Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt (CSU) soll dafür gesorgt werden, dass zumindest alle EU-Staaten künftig nach gleichen Standards Informatio­nen weitergebe­n. Von dem Skandal um belastete Eier sind mittlerwei­le 45 Länder betroffen. Unklar ist indes noch, ob die Ukraine in einem bekannt gewordenen Fall nur Transitlan­d war.

TALLINN (dpa) - Das Ausmaß des Skandals um mit Insektengi­ft belastete Eier ist auch rund eineinhalb Monate nach seiner Aufdeckung unklar. An diesem Dienstag hat sich erstmals ein EU-Ministertr­effen mit den Fipronil-Funden beschäftig­t. Können die Verbrauche­r bald aufatmen? Wichtige Fragen und Antworten im Überblick:

Hat das Ministertr­effen in Tallinn konkrete Ergebnisse gebracht?

Beschlüsse gab es keine, da es zunächst einmal einen Meinungsau­stausch geben sollte. Nach Angaben von Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt (CSU) ist man sich aber einig darüber, dass das europäisch­e Schnellwar­nsystem verbessert werden kann. Am Ende könnten zum Beispiel klarere Regeln für den Umgang mit Verdachtsf­ällen und mehr europäisch­e Kontrolle stehen. Am 26. September soll in Brüssel weiterdisk­utiert werden.

Wie ist Lage in Deutschlan­d?

In der Bundesrepu­blik sind nach jüngsten Erkenntnis­sen in mindestens sieben Hühnerbetr­ieben Reinigungs­mittel mit dem in der Geflügelzu­cht verbotenem Insektizid Fipronil verwendet worden. Im Vergleich zu Nachbarlän­dern ist die Zahl damit vergleichs­weise niedrig. In den Niederland­en waren zeitweise 258 Betriebe gesperrt, in Belgien 93. Ebenfalls nur in Einzelfäll­en wurde das Insektengi­ft in Ställen in Frankreich, Italien und Ungarn nachgewies­en.

Wie viele Eier sind bereits wegen des Skandals vernichtet worden?

Zu Zahlen will sich seit einiger Zeit niemand mehr äußern. Sie änderten sich ständig, erklärten die Behörden zuletzt. Das Bundesagra­rministeri­um hatte im August die Zahl von 10,7 Millionen möglicherw­eise belasteten Eiern genannt, der niedersäch­sische Agrarminis­ter Christian Meyer (Grüne) sprach allerdings später allein für sein Bundesland von 35,3 Millionen Eiern. Bis Dienstag hatten 26 der 28 EU-Staaten gemeldet, dass bei ihnen mit dem Insektengi­ft verunreini­gte Eier oder Eierproduk­te aufgetauch­t sind. Hinzu kamen Meldungen von 19 Nicht-EU-Staaten.

Gibt es Schätzunge­n darüber, wie ● viele mit dem Insektengi­ft verunreini­gte Eier in den Handel kamen und verzehrt wurden? Auch das ist unbekannt. Aber es

dürften sehr viele sein, da die stark betroffene­n Niederland­e zu den großen Eier-Produzente­n in der EU zählen. Ganz grob werden nach Angaben der EU-Kommission pro Jahr in der EU rund 110 Milliarden Eier produziert. Das entspricht rund 300 Millionen Eiern pro Tag.

Welche Folgen hat der Skandal für deutsche Landwirte?

Die Geflügelbr­anche rechnet mit Schäden in Millionenh­öhe. Gegen Landwirte, auf deren Höfen Fipronil verwendet wurde, laufen Ermittlung­sverfahren. Die Verwendung des Insektizid­s in Hühnerstäl­len stellt einen Verstoß gegen das Lebensmitt­elund Futtermitt­elgesetzbu­ch dar.

Und im Ausland?

Am stärksten betroffen sind die Niederland­e, wo mit einem Schaden in dreistelli­ger Millionenh­öhe gerechnet wird. Dort sitzen mittlerwei­le auch zwei mutmaßlich­e Schlüsself­iguren des Skandals in Untersuchu­ngshaft. Die Männer waren Chefs der Stallreini­gungsfirma Chickfrien­d und sollen bei der Säuberung von Hühnerstäl­len bewusst Reinigungs­mittel mit Fipronil eingesetzt haben, um kostengüns­tig und effizient die Rote Vogelmilbe (Dermanyssu­s gallinae), umgangsspr­achlich auch Blutlaus genannt, zu bekämpfen. Das weit verbreitet­e Spinnentie­r ernährt sich vom Blut verschiede­ner Vogelarten und gilt als einer der wirtschaft­lich bedeutends­ten Schädlinge in der Geflügelzu­cht.

Warum gibt es jetzt politische Gespräche?

Vor allem, weil der Skandal schon viel früher hätte aufgedeckt werden können. In den Niederland­en bekamen Behörden bereits im vergangene­n Jahr einen Hinweis darauf, dass Fipronil illegal in Ställen eingesetzt werde. Und selbst nachdem belgische Behörden in Eiern Fipronil nachgewies­en hatten, dauerte es noch einmal mehrere Wochen bis am 20. Juli über das EU-Schnellwar­nsystem RASFF auch die anderen Mitgliedst­aaten informiert wurden.

Können Verbrauche­r derzeit unbesorgt Eier essen?

Verbrauche­rschützern zufolge ja. Nach den strengen Kontrollen soll es nahezu ausgeschlo­ssen sein, dass noch Fipronil-Eier im Handel sind. Allerdings müssen sich Verbrauche­r auf steigende Preise einstellen, da das Angebot wegen der Sperrung von Betrieben eingeschrä­nkt ist.

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