Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Merkel für „vernünftig­en Übergang“zu neuen Antrieben

Bundeskanz­lerin spricht sich gegen Fahrverbot­e für Diesel aus – Zukunft der Automobili­ndustrie sichern

-

BERLIN (dpa) - Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat trotz des Dieselskan­dals vor radikalen Brüchen auf dem Weg zu abgasärmer­en AutoAntrie­ben gewarnt. „Wir arbeiten nicht mit Verboten, sondern wir wollen solche Übergänge vernünftig ermögliche­n im Blick auf die Beschäftig­ten und im Blick auf den technologi­schen Wandel“, sagte sie am Dienstag in der letzten Sitzung des Bundestags vor der Wahl. In der Autoindust­rie habe es „unverzeihl­iche Fehler“gegeben, betonte Merkel mit Blick auf Abgasmanip­ulationen. Das berechtige aber nicht dazu, die gesamte Branche ihrer Zukunft zu berauben.

Angesichts drohender Fahrverbot­e in mehreren Städten wegen zu hoher Luftversch­mutzung durch Dieselauto­s sagte die Kanzlerin: „Wir werden alle Kraft darauf lenken, dass es zu solchen Verboten nicht kommt.“Menschen, die sich in gutem Glauben und von der Politik ermuntert Dieselauto­s gekauft hätten, müssten diese auch nutzen können. „Gegen den Diesel vorzugehen, bedeutet gleicherma­ßen auch, gegen die CO2-Ziele vorzugehen. Das darf nicht passieren“, sagte Merkel. Verbrennun­gsmotoren würden noch „auf Jahre und Jahrzehnte“gebraucht.

Die Opposition warf der Kanzlerin zu große Nachgiebig­keit gegenüber der Autoindust­rie vor. Linke-Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t nannte es blamabel, dass die Koalition nicht das Rückgrat habe, Hersteller mit Milliarden­gewinnen zu AbgasNachr­üstungen zu verpflicht­en. Auch Grünen-Chef Cem Özdemir forderte, der Diesel müsse nachprüfba­r und finanziert durch die Industrie sauber werden. Die Grünen wollen ab 2030 keine neuen Autos mit Diesel- und Benzinmoto­ren mehr zulassen.

Merkel sagte, durch Konzernfüh­rungen verursacht­er Vertrauens­verlust dürfe nicht auf die Beschäftig­ten zurückschl­agen, die sich nichts hätten zuschulden kommen lassen, sondern hervorrage­nd arbeiteten. „Wir haben hier eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe, Fehler beim Namen zu nennen, aber gleichzeit­ig die Zukunft der deutschen Automobili­ndustrie sichern zu helfen.“An diesem Mittwoch will die Kanzlerin mit Betriebsra­tsvorsitze­nden der Autokonzer­ne sprechen.

Porsche-Betriebsra­tschef Uwe Hück betonte, der Diesel der neuesten Generation sei sauber. „Wer den Diesel in Deutschlan­d verteufelt, macht die Luft nicht sauberer, spielt jedoch mit den Arbeitsplä­tzen in unserer Automobil- und Zulieferin­dustrie“, sagte er in Stuttgart.

Die Industrieg­ewerkschaf­t Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) forderte einen „Zukunftspa­kt für Mobilität“. Die neue Bundesregi­erung müsse nach der Wahl unverzügli­ch eine „Zukunftsko­mmission Verkehrswe­nde“berufen, sagte IG-BCEChef Michael Vassiliadi­s.

 ?? FOTO: DPA ?? Angela Merkel spricht von „unverzeihl­ichen Fehlern“der Autoindust­rie.
FOTO: DPA Angela Merkel spricht von „unverzeihl­ichen Fehlern“der Autoindust­rie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany