Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kurze Eigenständigkeit und größere Zusammenhänge
Karin Brugger schreibt „Geschichte zur Gemeinde Kehlen 1937 bis 1972“– Historische Bilder fesseln und faszinieren
KEHLEN - Eine „Geschichte zur Gemeinde Kehlen 1937 bis 1972“legt dieser Tage Karin Brugger vor. Die 92 Seiten starke Broschüre ist ab nächster Woche bei ihr erhältlich – mit einer Audio-CD als Beigabe und gratis.
Die Grundlage der Veröffentlichung bildet die „Heimatchronik“, die ihr Vater Karl Brugger geführt hat – Aktenordner mit DIN A4-Blättern, mit denen Kehlens Bürgermeister der Jahre 1947 bis 1972 (plus Ortsvorsteher bis 1980) die Entwicklung der Gemeinde in der Zeit festgehalten hat. Weitere wichtige Quellen seien Veröffentlichungen von Elmar L. Kuhn und Georg Wieland gewesen, bestätigt Karin Brugger im SZ-Gespräch. Klar ausgeschildert aber ist der Fokus auf Karl Bruggers Aufzeichnungen und „die Sicht durch seine Brille“, so dass Karin Brugger sagt: „Das ist mein Lebenswerk, mit dem ich das Lebenswerk meines Vaters publiziere.“
Der seidene Faden von 1972
2012 hat sie mit der Sichtung des Materials begonnen: „Ich habe mich durchgewühlt, wie ein Maulwurf, um eine Vogelperspektive zu bekommen“, blickt Karin Brugger auf die beiden vergangenen Jahre zurück, als sie eine wahre Fleißarbeit leistete. Was sie mit „Vogelperspektive“meint, teilt Brugger trefflich im Vorwort mit: „Weil uns der historische Rückblick Dinge in einem vergrößerten Maßstab betrachten lässt, wodurch sich größere Zusammenhänge zeigen und vielleicht auch neue Sichtweisen eröffnen.“Eigentlich wollte Karin Brugger ihr Büchlein schon 2016 veröffentlichen, „das habe ich nicht geschafft“. Nun ist sie fertig geworden, und da sie ihre im Eigenverlag aufgelegte Broschüre als „völlig unabhängig von der Tagespolitik“ansieht, wollte sie nicht bis 2018 warten, wenn das Jubiläum „1200 Jahre Kelinga“gefeiert wird.
Bewusst endet ihr Buch 1972. Gerade durch die Audio-Dateien (siehe Kasten nebenan) sei ihr nochmals klar geworden, wie hoch in Zeiten der Gemeindereform die Wahrscheinlichkeit war, dass Meckenbeuren und/oder Kehlen den Städten Tettnang oder Friedrichshafen zugeschlagen werden. „Meckenbeuren hat Siegfried Tann, Karl Brugger und den damaligen Gemeinderäten zu danken, dass es heute in dieser Form existiert“, ist ihr als Erkenntnis nochmals klarer vor Augen getreten.
Reiz- und anspruchsvoll ist Karin Bruggers Ansatz, die chronologische Ordnung immer wieder aufzubrechen und durch eine Thematische zu ersetzen. Dann geht es auf mehreren Seiten um die Brücken, um den „Schicksalfluss“Schussen oder auch um die Siedlungen. Hier wie auch bei den Meilensteinen, die 1951 mit dem Bau der Schussenbrücke in Lochbrücke einsetzen, hält Karin Brugger einen einzigartigen Trumpf in der Hand – die Auswahl an historischen Bildern. Manches stammt von Karl Brugger selbst, der oft mit der Kamera durch die Gemeinde streifte. Hervorheben aber will die Autorin nicht nur, aber vor allem in diesem Punkt, die Mitarbeit von Josef Schwarz.
Heimat als ländlicher Raum, der sich zwar verändert und zugleich erhaltenswert ist: Ihn rückt Karin Brugger mit der Broschüre ins Bewusstsein und spricht ihm Stellenwert zu – verstanden als „HeimatRäume, (...) bewohnt von Menschen, die gerne ,zu Hause’ sind oder ihr Zuhause hier finden wollen.“