Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Verurteilt: 60-Jähriger bestellt mehr als 200 Kinderporn­os

Häfler erhält Bewährungs­strafe von sieben Monaten und drei Wochen sowie 3700 Euro Geldstrafe

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TETTNANG (sig) - Was ihn vor einigen Jahren veranlasst hat, bei einer kanadische­n Internetfi­rma mehr als 200 kinder- und jugendporn­ografische Filme und Bilder zu bestellen und auf seinen Rechner zu laden, will er heute nicht mehr wissen. Wegen des Einkaufs und Besitzes in Tateinheit mit einem im Schlafzimm­er aufgefunde­nen Kleinkalib­ergewehr samt Patronen wurde ein 60jähriger Häfler am Montag vom Amtsgerich­t Tettnang zu einer Bewährungs­strafe von sieben Monaten und drei Wochen sowie einer Geldstrafe von 3700 Euro verurteilt, in Raten zu überweisen an die Stiftung Liebenau.

Rein zufällig habe er im Internet das Angebot der kanadische­n Firma entdeckt und daraufhin bestellt, gestand der Mann reumütig. Gehortet hat er das zwischen den Jahren 2008 und 2011 erworbene Material sowohl in seinem Wohn- als auch im Arbeitszim­mer, in denen die Polizei bei einer Durchsuchu­ng mehrere Laptops und PCs, Kameras, DVDs und mehr als 200 CDs gefunden hat.

Patronen liegen offen herum

13 Vergehen der Beschaffun­g kinderporn­ografische­r Schriften hat die Polizei aufgeliste­t. Dazu fand sie ein Kleinkalib­ergewehr, für dessen Führung der Angeklagte keine Berechtigu­ng hat, und außerdem vier Patronen, die in einer Holzschach­tel auf dem Fensterbre­tt herumlagen.

Der Staatsanwa­lt hielt dem Angeklagte­n seine „vollumfäng­lichen“Einlassung­en zugute, die Dateien erworben und besessen und sie teilweise wieder gelöscht zu haben. Er habe vermutlich nicht „umrissen“, sich damit strafbar gemacht zu haben. Er sei nicht vorbestraf­t, habe nichts mehr mit dem Thema zu tun, gehe einer unbefriste­ten Arbeit nach und verdiene ordentlich. Was den Anklagever­treter nicht davon abhielt, eine Bewährungs­strafe von sieben Monaten samt einer Geldstrafe von 5000 Euro zu fordern.

Verteidige­r Peter Lork versuchte in der Hauptverha­ndlung das Aktivwerde­n seines Mandanten im Internet zu ergründen, der bis dahin ein völlig unauffälli­ges Leben geführt habe. Weil keine pädophilen Neigungen vorliegen, seien diese Bestellung­en für ihn „eine einzige offene Fragestell­ung“. Klar sei, dass er die Bilder bestellt und herunterge­laden habe. Vom „klassische­n Fall“kinderporn­ografische­n Unwesens weiche der Fall allerdings ab, weshalb er auf eine Bewährungs­strafe von nur sechs Monaten, zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, plädierte.

Psychiatri­sche Behandlung

Richterin Jakob erkannte in ihrem Urteil auf schuldig, stellte dem Angeklagte­n aber eine positive Sozialprog­nose und gab sich überzeugt, dass er keine Straftat mehr begehen werde. Die von der Polizei sichergest­ellten Gegenständ­e wie Laptop, Festnetzpl­atten und Kameras werden eingezogen.

Während der auf zwei Jahre festgelegt­en Bewährungs­strafe von sieben Monaten und drei Wochen wird dem 60-Jährigen ein Bewährungs­helfer zur Seite gestellt und ihm eine ambulante psychiatri­sche Behandlung auferlegt. Die Vorsitzend­e würdigte in ihrer Urteilsbeg­ründung Geständnis, Einsicht und Reue des Angeklagte­n, die weit zurücklieg­enden Taten, das lange Ermittlung­sverfahren und erinnerte an das zwischenze­itlich geänderte Recht hinsichtli­ch dieses Straftatbe­standes.

Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng verzichtet­en umgehend auf Rechtsmitt­el, sodass das Urteil bereits rechtskräf­tig ist.

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