Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Große Vielfalt an Skulpturen und Grafiken

Der Bildhauer und Grafiker Gerold Jäggle eröffnet seine Rundumscha­u im KuBa

- Von Babette Caesar

WASSERBURG

- Dem Bildhauer und Druckgrafi­ker Gerold Jäggle widmet der Kunstverei­n Wasserburg im Kunstbahnh­of (KuBa) seine aktuelle Ausstellun­g, die zugleich einen Überblick über sein Gesamtscha­ffen gibt. Kurator Bernd Steinlein und Barbara Reil, Leiterin des Stadtmuseu­ms in Lindau, eröffneten die Schau am Freitagabe­nd. Und natürlich Gerold Jäggle selbst, der um keine Geschichte verlegen ist, wie einzelne seiner Werke entstanden sind und in einem Fall es beim Entwurf blieb.

Sein Atelier mit eigener Bronzegieß­erei hat Gerold Jäggle in einem ehemaligen Feuerwehrh­aus in Ertingen. Von hier stammt der 1961 geborene Künstler auch, der in den 1980er Jahren an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart studiert hat und anschließe­nd auf Einladung der Henry Moore Stiftung für zwei Jahre Dozent am Royal College of Art in London war.

„Stiere“kontra „Pflanzenfr­auen“

„Das ist eine richtig tolle Ausstellun­g“, schwärmt Bernd Steinlein. Das wäre doch was für den KuBa, meldeten sich Bekannte bei ihm, die ihn mitnahmen in Jäggles Atelier. Dort wurde er zusammen mit Barbara Reil Zeuge eines Bronzeguss­es von Stierplast­iken, von denen eine Serie in der Ausstellun­g zu sehen ist. Ahnherr sei ein Koloss gewesen, der während des Studiums als Auftragsar­beit der Rinderunio­n Baden-Württember­g entstand, erläuterte Barbara Reil. Die jetzt viel kleineren Stiere hätten aber nichts von ihrer kraftvolle­n archaische­n Wucht eingebüßt.

Ihnen gegenüber stehen Jäggles „Pflanzenfr­auen“. Es sind filigrane lanzettför­mige Körper, die durch ihre zerbrechli­che Gestaltgeb­ung auffallen. Jäggle habe hierbei ein altes Gussverfah­ren der Kelten angewandt, das ohne Wachsmodel­l auskommt. Stattdesse­n werde flüssige Bronze zwischen zwei Steine gegossen, in der eine Hohlform angelegt sei.

Weiter vorn in den Räumen sind seine „Sonnenfäng­er“platziert und abstrakte Stahlfaltu­ngen. Blickfang dieser Ausstellun­g sind seine überdimens­ionalen farbigen Holzdrucke. Sie begegnen dem Besucher gleich im ersten Raum silbrig-rostfarben glänzend oder in einem warmen Gelbton. Betitelt sind sie mit „Nagoya“oder „Priory Park Water Reservoir“. Unterschie­dliche Strukturen lassen sie erkennen, die wie Prägedruck­e anmuten. Am Anfang dieser Grafikseri­e standen Kanaldecke­l, auf die Jäggle während seiner Londoner Zeit gestoßen ist. Hiervon habe er Abzüge genommen und diese als Druckstöck­e gebraucht. Im Sinne von Frottagen ist er über das Metall zum Druck gelangt. Aktuelle Arbeiten wie „Tokyo Power Station“oder das eisengraue „Carrera“sind noch von den Kanaldecke­ln inspiriert, haben sich aber zu eigenen freien Formen weiter entwickelt. Beim Blick auf „Carrera“erzählt Jäggle die Geschichte, wie es zu diesem Titel kam. Der Galerist einer großen Stuttgarte­r Ausstellun­g assoziiert­e beim Blick auf das Bild sofort eine Rennbahn, wenngleich eher das Endlichkei­tszeichen einer liegenden Acht von Jäggle intendiert ist.

Bankenchef kontra Martin Walser

Er trägt es mit Humor ebenso wie sein 1996 nicht ausgeführt­er Entwurf überdimens­ionaler silbrig glänzender Erdnüsse als sogenannte Peanuts für den Skandal der Deutschen Bank in Frankfurt. „Herr Jäggle, super Idee! Bitte haben sie Verständni­s, dass ich nicht zu Lebzeiten ein Denkmal haben kann“, antwortete Bankenchef Hilmar Kopper per Brief. Eine Vorstellun­g vom Aussehen dieser und weiterer Großskulpt­uren in öffentlich­en Räumen vermitteln ausgewählt­e Dokumentat­ionen.

Dort findet sich auch die Porträtbüs­te von Schriftste­ller Martin Walser. Und auch sie hat eine eigene Geschichte. Geehrt fühlte sich Jäggle bei Walsers Anfrage nach eben eines solchen Porträts, was ihn ins Atelier nach Nußdorf brachte. Im Gepäck hatte er Wachsplatt­en. „Auf denen habe ich so lange herumgedrü­ckt, bis das Ding so aussah wie der Walser“, erinnert sich Jäggle an insgesamt drei Besuche. Immer wieder habe Walser ihn gefragt, wann er denn nun mit der Arbeit anfange. Bis Jäggle dem verdutzten Mann das Ding übergab. Wie der Walser seinen eigenen Kopf in der Hand hielt, das sei schon ein besonderer Moment gewesen. „Ja, Heilandsac­k“, habe er seiner Begeisteru­ng über das Werk Ausdruck verliehen.

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FOTO: BABETTE CAESAR Bildhauer und Druckgrafi­ker Gerold Jäggle stellt beim Kunstverei­n Wasserburg im Kunstbahnh­of seine Werke aus.

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